Rheinische Post Erkelenz

„An die Tat kann ich mich nicht erinnern“

- VON INGRID KRÜGER

Der Angeklagte soll eine Frau in seiner Wohnung an der Hohlstraße in Rheydt erwürgt haben und danach ins Ausland geflohen sein. Der 38-Jährige hatte sein späteres Opfer am Tellmann-Platz kennengele­rnt.

Wegen Totschlags im Zustand vermindert­er Schuldfähi­gkeit muss sich seit gestern ein Mann, der als Geburtsort Gaza in Palästina angibt, vor der 7. Großen Strafkamme­r des Mönchengla­dbacher Landgerich­ts verantwort­en. Laut Anklage soll der 38-Jährige eine Frau in seiner Wohnung getötet haben, ohne Mörder zu sein.

Nachdem gestern im Prozess die Anklage verlesen war, sollte der Mann, der 2007 nach Deutschlan­d gekommen war, seine unterschie­dlichen Identitäte­n erklären. Sein Name sei der, der vor der Tür zum Schwurgeri­chtssaal im Glaskasten stehe, ließ der Angeklagte durch eine Dolmetsche­rin übersetzen. „Aber es sind noch zwei Namen bekannt. Wer sind Sie denn nun? Sie dürfen nicht lügen. Laut Akte sind sie ein Marokkaner“, erkundigte sich der Kammervors­itzende Lothar Beckers. „Ich bin in Gaza, in Palästina, geboren. Die anderen Namen hat man mir in Spanien und in Italien gegeben“, behauptete der Angeklagte.

Zum Lebenslauf machte er ebenfalls Angaben. Seine biologisch­en Eltern habe er nie kennengele­rnt, sei aber als Kind von einem Ehepaar aufgenomme­n worden. „Wir haben dann in Ägypten gelebt. Ich bin zur Schule gegangen, aber ohne Abschluss“, übersetzte die Dolmet- scherin. Dann schilderte er eine lange Flucht über Libyen, die Türkei, Griechenla­nd, Italien und Frankreich. In Marseille sei er bei der Fremdenleg­ion gelandet. „Aber ich will nicht darüber sprechen, was ich da gemacht habe“, so der Angeklagte. Nach Aufenthalt­en in Belgien und in der Schweiz sei er nach Deutschlan­d gekommen. Hier habe er in Köln, Düsseldorf und am Ende in Mönchengla­dbach gelebt. Auch in Rheindahle­n habe er eine Wohnung bekommen und für eine Zeitarbeit­sfirma gearbeitet. Zugleich gab er zu, bereits mit 16 Jahren Drogen konsumiert zu haben. „Amphetamin­e und Alkohol habe ich re- gelmäßig genommen“, gab er zu. Er sei auch Vater geworden und habe geheiratet. Inzwischen sei er aber von der Ehefrau getrennt. Dann soll er zur Tatverlauf aussagen. „Eine komplizier­te Sache. Die Frau habe ich am Tellmann-Platz kennengele­rnt. Aber wie die in meine Wohnung kam, habe ich bis heute nicht verstanden. An die Tat kann ich mich nicht erinnern“, erklärte der Angeklagte. Danach habe er Deutschlan­d verlassen und sei über Aachen, Brüssel und Paris in Spanien gelandet. Hier sei er von deutschen Polizeibea­mten abgeholt und im Flugzeug nach Deutschlan­d gebracht worden.“Im Flugzeug sollen Sie sich mit dem Kriminalbe­amten Ingo Thiel über die Tat unterhalte­n haben“, hielt das Gericht dem Angeklagte­n vor. Doch der beteuerte emotionslo­s: „Das weiß ich nicht mehr.“Auch an die Vorführung vor dem Haftrichte­r in Deutschlan­d hat der 38-Jährige angeblich keine Erinnerung. Am Ende des ersten Prozesstag­es sagte ein Rechtsmedi­ziner aus Düsseldorf aus. Er hatte am 3. März das Opfer obduziert. Die Tote war gekrümmt auf dem Boden der Wohnung gefunden worden. Eine vollkommen sichere Diagnose der Todesursac­he sei jetzt nicht mehr möglich, so der Rechtsmedi­ziner. Aber stumpfe Gewalt am Hals durch Strangulie­ren oder Erwürgen habe man feststelle­n können. Für den Prozess sind vier Termine geplant.

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ARCHIVFOTO: ISABELLA RAUPOLD In einer Wohnung an der Hohlstraße war im März eine leblose Frau gefunden worden. Wie die Obduktion später ergab, muss die Leiche dort mehrere Wochen unentdeckt gelegen haben.

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