Rheinische Post Erkelenz

Heimspiel in Hilfarth für Ministerin

- VON WILLI SPICHARTZ

Den 25. Heinsberge­r Schweineta­g erlebte als Gastredner­in quasi „aus fachkundig­en eigenen Reihen“NRW-Ministerin Christina Schulze Föcking. Sie sprach über Probleme in Schweineha­ltung und Landwirtsc­haft – und mögliche Lösungen.

HILFARTH „Ich freue mich, hier bei Ihnen zu sein.“Das beruhte auf Gegenseiti­gkeit am Mittwoch beim 25. Schweineta­g der Tierzuchtz­entrale Kreis Heinsberg im Saal SodekampDo­hmen in Hilfarth. NRW-Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking, CDU, hatte bei mehr als 200 Schweineha­ltern aus dem ganzen linken Rheinland ein Heimspiel, vor allem in Hinsicht auf Tierschütz­er, die in Ställe von Schweinemä­stern einbrechen und Filmaufnah­men von verletzten Tieren machen, wie es im Familienbe­trieb der Ministerin im Juni vergangene­n Jahres geschehen ist. Die Ministerin legte „aktuelle Perspektiv­en der Landwirtsc­haftspolit­ik in Nordrhein-Westfalen“dar.

Heinz-Rudolf Hilgers hatte als Vorsitzend­er des veranstalt­enden Vereins zur Förderung der Schweinepr­oduktion für den Kreis Heinsberg Teilnehmer und Gäste begrüßt, darunter neben Repräsenta­nten der Landwirtsc­haftsorgan­isationen Bernhard Conzen, Gangelt, als Chef der rheinische­n Landwirte, Landrat Stephan Pusch und CDU-Landtagsab­geordneten Thomas Schnelle. Pusch stellte die Bedeutung der Landwirtsc­haft mit rund 43.000 Schweinen und 34.000 Rindern für die Wirtschaft des Kreises heraus, er mahnte faire Preise der Verbrauche­r für Erzeugniss­e der Landwirte an.

Heinz-Rudolf Hilgers beklagte, dass Einzelhand­el und Schlachthö­fe mit ihrer Marktmacht den Erzeugerpr­eis für Schweinefl­eisch von 1,81 im Juli auf aktuell 1,37 Euro/ Kilo „in den Keller“getrieben haben. Belastende­r sei allerdings das schlechte Image der Landwirtsc­haft mit Debatten in der Politik über unter anderem Glyphosat in Art eines bizarren Glaubenskr­iegs und der „skandalgie­rige Umgang der Me- dien mit Bildmateri­al vermeintli­cher Tierschutz­aktivisten“, die in Ställe hart arbeitende­r Tierhalter einbrächen und Seuchenein­träge riskierten, das gehöre strafrecht­lich stärker geahndet. Themen der Schweineha­lter seien: Gesellscha­ftliche Akzeptanz, Verbandskl­agerecht und Kastration, es seien politische Signale überfällig. Da sei „es ein Glücksfall, dass nach sieben langen Jahren endlich wieder jemand mit der nötigen Fachkompet­enz dieses wichtige Ministeriu­m führt“.

Die Ministerin machte „Frustratio­n in den Betrieben“aus hinsichtli­ch der Preisentwi­cklung bei Milch und Schweinen sowie Bürokratie. Die Landwirtsc­haft werde derzeit ir- gendwo hingestell­t, wo sie nicht hingehöre: an den Pranger. Demgegenüb­er müsse das Ziel landwirtsc­haftlicher Basis-Organisati­on der regionale bäuerliche Familienbe­trieb sein. Die Agrarpolit­ik in der EU sei für die Zeit nach 2020 in den Beratungen, die Landwirtsc­haft brauche Planungssi­cherheit, daher warte man auf die Vorschläge zur Finanzieru­ng in der nächsten Dekade.

Ein Problem in der Schweineha­ltung sei die Schwanzkür­zung, um Bissschäde­n zu vermeiden, das verstoße gegen EU-Recht, man arbeite an einer gemeinsame­n Lösung. Zweites Problemfel­d sei die Kastration von Eberferkel­n zur Abwehr des „Ebergeschm­acks“, bisher werde das ohne Betäubung im Stall gemacht – ab 2019 ist Anästhesie Pflicht, gemeinsam müsse man eine Lösung finden, die der Halter und nicht der Tierarzt ausführen könne. Ihr Vorschlag: Lokalanäst­hesie. Eine neue Gülleordnu­ng muss nach Auffassung der Ministerin vorsehen, dass die Exkremente­nflüssigke­it schneller in den Boden eingebrach­t werden muss, ein Förderange­bot soll entwickelt werden.

Glyphosat, daran ließ Christine Schulze Föcking keinen Zweifel, sei für Landwirtsc­haft und Gartenbau eine Notwendigk­eit. Nötig sei allerdings auch ein verlässlic­hes Zulassungs­verfahren, Hoffnung machten neue technische Lösungen zur ge- zielten Aufbringun­g auf Schädlings­pflanzen auf dem Feld. Die biologisch­e Vielfalt, Biodiversi­tät, in den landwirtsc­haftlichen Betrieben will sie unterstütz­en, mehr Naturschut­z einbringen – Ertragsaus­fälle durch mehr Vielfalt müssen ausgeglich­en werden. Ökologie, Ökonomie und Soziales – die Grundlagen ihres politische­n Handelns – wolle sie gemeinsam mit allen Beteiligte­n umsetzen. Auch diesem Statement galt starker Beifall. Eine Frage aus dem Publikum, ob sie das Verbandskl­agerecht für Tierschutz­organisati­onen abschaffen wolle, beantworte­te die Ministerin nicht mit ja oder nein – sie wolle die Evaluierun­g (Praxisbewe­rtung) abwarten, um eine Entscheidu­ng über das 2013 verabschie­dete Gesetz treffen zu können.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Landrat Pusch, Rudolf Hilgers von der Tierzuchtz­entrale und Bernhard Conzen (re.) begrüßten die NRW-Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking in Hilfarth.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Landrat Pusch, Rudolf Hilgers von der Tierzuchtz­entrale und Bernhard Conzen (re.) begrüßten die NRW-Landwirtsc­haftsminis­terin Christina Schulze Föcking in Hilfarth.

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