Rheinische Post Erkelenz

Aus Angreifern werden Verteidige­r

- KARSTEN KELLERMANN

Eigentlich war die Gelegenhei­t günstig. Borussia war im vergangene­n Jahr auswärts richtig gut, und nun begann das neue Jahr dort, wo es mehr Auswärtssi­ege gab als irgendwo sonst: in Köln. 24mal schon hat Borussia dort gewonnen. Doch es gibt noch eine andere seltsame Statistik, die dagegen sprach, dass die Gladbacher mit einem Erfolg ins neue Jahr starten. Denn von den letzten 19 Spielen bei einem Tabellenle­tzten wurde nur eines gewonnen. In der Saison 2011/ 2012 gab es ein 1:0 beim Hamburger SV. Beim 1. FC Köln wurde die Serie bestätigt durch das 1:2.

So sind die Borussen nun von Angreifern zu Verteidige­rn geworden. Sie wollten sich mit einem Sieg wei- ter nach oben arbeiten und gleich ein Zeichen aussenden – an sich selbst und an die Konkurrenz: „Seht her, wir haben richtig was vor in der Rückrunde. Wir wollen nach Europa und wenn möglich in die Champions League.“Borussia hätte klettern und Distanz nach unten schaffen können. Hätte. Hat sie aber nicht. Wie schon öfter, wenn es darauf ankommt, fehlte etwas Entscheide­ndes. Dieses Mal die Konsequenz in der Verteidigu­ng bei beiden Kölner Toren und vorn die Effizienz.

Neues Jahr, alte Probleme: Die Borussen tun sich schwer mit dem nächsten Schritt. Dabei waren sie mental im Vorteil, als sie sich das 1:1 durch Raffael erarbeitet hatten. Der „Maestro“sorgte, wie auch Michael Cuisance, für die nötigen Ideen im Spiel nach vorn, mit ihnen wuchs das Chancen-Aufkommen stetig. Die Führung war möglich, doch gab es nicht das 2:1, sondern das 1:2. Gegen einen Gegner, der nach wie vor limitiert ist, aber mit einfachen Mitteln zum Erfolg kam. Köln hat Borussia, ergebniste­chnisch, den Schneid abgekauft.

Weswegen die Gladbacher nun aufpassen müssen. Denn die nächsten beiden Gegner, Augsburg und Frankfurt, sind a) extrem unangenehm und b) ganz nah dran an den Borussen. 27 Punkte haben beide, und wer sich die letzten Spiele gegen beide in Erinnerung ruft, der weiß: Das wird richtig eklig am kommenden Samstag und am darauffolg­en- den Freitag. Dabei hätten sich die Borussen gerade mit Blick auf diese Spiele ein Polster verschaffe­n können mit einem Derbysieg, der angesichts des Spielfilms dieses Derbys möglich war: 31 Punkte wären es gewesen, womit man auf einem Champions-League-Rang gestanden hätte. Nun müssen sie ihren sechsten Platz erstmal verteidige­n. Zunächst gegen Augsburg.

Was die Lehre aus Köln ist? Zum einen, dass die Liga auch im zweiten Teil der Saison total eng sein wird. In jedem Spiel, an jedem Spieltag. Weswegen jede Schwäche und jede Nachlässig­keit gleich bestraft wird. Das konnten die Borussen am Samstag auch bei der Konkurrenz besichtige­n: Dortmund, Hoffen- heim und Frankfurt spielten unentschie­den, Schalke verlor, Leipzig siegte, und Augsburg nutzte die Gelegenhei­t. Die Enge der Liga belegte auch das Spiel in Köln. Das Derby sollte eigentlich Ansporn für den Rest der Rückrunde geben. Das muss es auch jetzt, gerade durch die Niederlage. Es gibt einen weiteren Ansporn. Im letzten Spiel gegen Augsburg gab es ein 1:1. Punkte, um noch den Europa-Platz angreifen zu können, wurden verspielt. Jetzt gilt es am Samstag, den Europa-Rang erst mal zu verteidige­n. Vielleicht liegt das den Gladbacher­n besser. Und nebenbei ist es kein Auswärtssp­iel bei einem Tabellenle­tzten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany