Millionen für Gebrauchtwagen
Öffentlich sind die Gründer des Berliner Startups Auto1 Group kaum bekannt – selbst das von ihnen betriebene Portal „WirkaufendeinAuto.de“sagt vielen nichts. Trotzdem investierte ein japanischer Konzern jetzt 460 Millionen Euro. Warum?
BERLIN Bislang sahen Hakan Koç und Christian Bertermann wenig Nutzen darin, in der Öffentlichkeit zu stehen: Es gibt nur wenige Fotos von ihnen, auch Interviews sind rar – und auf ihre Firmenzentrale im Berliner Stadtteil Kreuzberg weist kein protziger Empfang, sondern lediglich ein etwa DIN-A4-großes Papierschild hin: Auto1 Group.
Zu viel Bescheidenheit? Immerhin wurde aus ihrem Unternehmen innerhalb von fünf Jahren das zweitwertvollste Start-up Europas nach dem Musikstreaming-Dienst Spotify. Doch anders als bei den Schweden dürfte ein Großteil der Menschen, würde man sie nach der Auto1 Group fragen, wohl wenig mit dem Namen anfangen können – maximal mit dem Internet-Portal „WirkaufendeinAuto.de“
„Wir bieten eine Plattform für jeden, der einen Gebrauchtwagen kaufen oder verkaufen möchte“, erklärte Hakan Koç das Geschäftsmodell in einem Interview mit dem „Handelsblatt“. Das Unternehmen garantiere, jedes Auto anzukaufen. Die Fahrzeuge würden anschließend an Gebrauchtwagenhändler in ganz Europa weiterverkauft – zu einem höheren Preis.
Wie viel der Kunde theoretisch bekommen könnte, erfährt er nach wenigen Klicks auf dem Portal. Algorithmen errechnen auf Basis riesiger Datenmengen einen Preis, der aber dann bei einer Besichtigung noch einmal angepasst werden kann – und oft auch wird. Immer wieder hört (oder liest man im Internet) Kritik, dass die tatsächlich gezahlten Preise vor Ort von den vorab angezeigten abwichen.
Dem Erfolg der Berliner hat dies bislang nicht geschadet. Zuletzt wurde bekannt, dass der japanische Technologiekonzern Softbank weitere 460 Millionen Euro in das Startup investieren will. Softbank gehört der US-Mobilfunkanbieter Sprint, außerdem sind die Amerikaner auch am Fahrdienstanbieter Uber beteiligt – und nun zum ersten Mal an einem deutschen Start-up. Es ist, ganz nebenbei, die größte Einzelin- vestition für eine deutsche Gründung überhaupt.
Mit dem Geld wollen die Gründer die internationale Expansion vorantreiben. Denn die ist teuer, weil das Unternehmen die Autos der Kunden immer selbst ankauft, bevor es sie an Händler weiterreicht. Bereits 2017 sammelte man daher 360 Millionen Euro ein. Bislang ist das Unternehmen in rund 30 europäischen Ländern aktiv und arbeitet mit knapp 35.000 gewerblichen Händlern zusammen.
Wie groß das Potenzial des Marktes ist – und wie viel Platz es für Konkurrenz gibt – wird angesichts der Ziele der Auto1 Group deutlich: Allein in Europa soll das Marktvolumen im Gebrauchtwagenhandel bei 350 Milliarden Euro pro Jahr liegen.