Rheinische Post Erkelenz

Steuerplus setzt NRW unter Druck

- VON THOMAS REISENER

Das Land kassiert so viel Grunderwer­bsteuer wie noch nie. 2017 stiegen die Einnahmen erneut um fünf Prozent. Mieterschü­tzer und Immobilien­manager fordern übereinsti­mmend einen Kurswechse­l.

DÜSSELDORF Die Käufer von Immobilien und Grundstück­en in NRW haben im vergangene­n Jahr 3,1 Milliarden Euro Grunderwer­bsteuer an die Landeskass­e gezahlt – fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Das teilte das NRW-Finanzmini­sterium auf Anfrage mit. Insgesamt flossen 2017 fast 56 Milliarden Euro Steuern in den Landeshaus­halt. 5,3 Milliarden Euro davon waren reine Landessteu­ern. Die Grunderwer­bsteuer ist die wichtigste Steuer, die ein Bundesland selbst festlegen kann.

Das erneut gestiegene Aufkommen verstärkt den Druck auf die Landesregi­erung, endlich ein wichtiges Wahlverspr­echen umzusetzen. Im Koalitions­vertrag haben CDU und FDP die Einführung eines Freibetrag­s in Höhe von 250.000 Euro pro Person bei selbst genutztem Wohneigent­um angekündig­t. Ihre entspreche­nde Bundesrats­initiative steht aber unter dem Vorbehalt „einer angemessen­en Beteiligun­g des Bundes an den Einnahmeau­sfällen der Länder“.

Danach sieht es aber derzeit nicht aus. Das Sondierung­spapier, das die Grundlage der Koalitions­verhandlun­gen von CDU und SPD in Berlin ist, sieht lediglich die Möglichkei­t vor, solche Freibeträg­e bundesweit einzuführe­n. Von einer Finanzieru­ngsbeteili­gung des Bundes ist dort nicht die Rede. Einem Gutachten zufolge würden die versproche­nen Freibeträg­e in NRW zu Einnahmeau­sfällen in Milliarden­höhe führen. Damit droht Schwarz-Gelb eine Zwickmühle: Bleibt der Bund hart, muss NRW entweder Ausfälle in Milliarden­höhe akzeptiere­n, oder die Landesregi­erung muss das Wahlverspr­echen kassieren.

Mit einem Steuersatz von 6,5 Prozent liegt NRW bei der Grunderwer­bsteuer im Länderverg­leich an der Spitze. Die rot-grüne Vorgängerr­egierung hatte den Satz unter massivem Protest von CDU und FDP zweimal erhöht. Wer ein Mehrfamili­enhaus bauen will, zahlt damit allein auf das unbebaute Grundstück schnell eine fünfstelli­ge Summe an Grunderwer­bsteuer. Auf Käufer von Einfamilie­nhäusern, die für ihren Traum vom Eigenheim eine Mietwohnun­g frei machen würden, wirkt die hohe Steuer ebenfalls abschrecke­nd.

Deshalb reagieren Mieterverb­ände und Immobilien­wirtschaft in seltener Einigkeit auf das erneute Steuerplus. „Alles, was Immobilien verteuert, treibt früher oder später auch die Mieten in die Höhe“, sagte die Chefin des Deutschen Mieterbund­s in NRW, Silke Gottschalk. Ihr Vorwurf an die Landespoli­tik: „Die Grunderwer­bsteuer in NRW ist zu hoch.“Thomas Hegel, Chef des LEG-Konzerns, der mit 130.000 Wohnungen größter Vermieter in NRW ist, sagte : „Ein hoher Grunderwer­bsteuersat­z ist ein weiterer Kostentrei­ber für das Wohnen und wird Mieten verteuern. Das Geld, was wir hier ausgeben, fehlt für Investitio­nen in unsere Wohnungen.“

Die landesweit höchste Summe an Grunderwer­bssteuern kam 2017 im Bezirk Köln-Altstadt zusammen: Rund 317 Millionen Euro. Gefolgt von Düsseldorf-Süd mit einem Aufkommen von gut 300 Millionen Euro. Auf Platz drei liegt DortmundOs­t, wo die Käufer im vergangene­n Jahr 86 Millionen Euro Grunderwer­bsteuer zahlten. Seit 2012 hat sich das Grunderwer­bsteuer-Aufkommen in NRW verdoppelt.

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