Rheinische Post Erkelenz

„Moskau ist an einer Lösung nicht interessie­rt“

- M. BEERMANN STELLTE DIE FRAGEN.

Der ukrainisch­e Außenminis­ter zweifelt am guten Willen Russlands und will gegen deutsche Firmen vorgehen, die die Sanktionen umgehen.

Herr Klimkin, wie ist die aktuelle Lage in der Ost-Ukraine? KLIMKIN Sie bleibt angespannt. Aufgrund der andauernde­n bewaffnete­n Provokatio­nen der russischen Armee erscheint es derzeit unmöglich, die humanitäre Lage der Zivilbevöl­kerung in der Region zu verbessern. Es ist uns Ende 2017 zwar gelungen, 73 unserer Gefangenen zu befreien. Nach jahrelange­n Verhandlun­gen durften sie endlich nach Hause und versuchen nun, zu einem normalen Leben zurückzuke­hren. Es steht uns jedoch im Hinblick auf die weiteren Punkte der Minsker Vereinbaru­ngen noch ein langer Weg bevor. Ich habe die Lage vor Kurzem mit meinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel sehr detaillier­t besprochen. Es ist wichtig, dass wir beide innerhalb des sogenannte­n Normandie-Formats gemeinsam mit den Franzosen dieselbe Position einnehmen – was die Einschätzu­ng der Lage angeht wie auch die nächsten gemeinsame­n Schritte, um eine Lösung zu finden. Wobei uns klar ist, dass dies nicht leicht wird, denn der Aggressor, also Russland, lehnt solche Schritte strikt ab. Dies zeigt uns, dass Moskau nicht daran interessie­rt ist, zur Lösung des Konflikts beizutrage­n. Es gibt den Vorschlag, eine Blauhelm-Mission dorthin zu entsenden. KLIMKIN Wir bleiben in dieser Hinsicht den Minsker Vereinbaru­ngen treu und halten uns an das UN-Prozedere, denn eine solche Mission würde unter einem UN-Mandat operieren. Ich fürchte jedoch, Russland versucht lediglich Zeit zu gewinnen und will die Arbeit einer Blauhelm- Mission im gesamten Kriegsgebi­et gar nicht ernsthaft ermögliche­n. Der Austritt russischer Beobachter aus dem gemeinsame­n Zentrum für Kontrolle und Koordinier­ung der Waffenruhe im Donbas Ende des vergangene­n Jahres ist für uns in dieser Hinsicht ein unerfreuli­ches Signal gewesen. Auch innerhalb des UN-Sicherheit­srates stocken die Gespräche aufgrund der fehlenden Bereitscha­ft der russischen Seite, von einem Lippenbeke­nntnis zu konkreten Taten überzugehe­n. Was den russischen Vorschlag betrifft, in diesen Prozess die sogenannte­n Vertreter der von Russland besetzten Gebiete im Donbas einzubezie­hen, so ist er völlig inakzeptab­el. Das ist nicht nur unsere Position, sondern auch die unserer Partner im Westen sowie die der Uno. Was sagen Sie zu der Kritik an der Lieferung amerikanis­cher Waffen für die ukrainisch­e Armee? KLIMKIN Unser Dialog darüber mit den Amerikaner­n ist ja nicht neu. Wir sind unseren westlichen Partnern sehr dankbar für ihre konse- quente Unterstütz­ung unserer Bemühungen, die Verteidigu­ngsfähigke­it der Ukraine in ihrem Widerstand gegen eine der größten militärisc­hen Mächte der Welt zu stärken. Zwei Dinge möchte ich aber betonen: Wir sind in unserem Land und haben im Fall des Angriffs auf unser Territoriu­m das souveräne Recht auf Verteidigu­ng. Und künftige Lieferunge­n moderner Verteidigu­ngsausrüst­ung aus den USA dienen ausschließ­lich der Abschrecku­ng eines neuen russischen Großangrif­fs wie er 2014 und 2015 erfolgt ist. Aber bringen uns noch mehr Waffen einem Frieden näher? KLIMKIN Wir haben Verständni­s für die deutsche Haltung, dass ein Friedenspr­ozess ausschließ­lich durch eine politische Lösung voranzutre­iben ist. Ohne die klare Haltung der Bundeskanz­lerin wäre der gesamte politische Prozess noch viel schleppend­er verlaufen. Und wir wissen auch die deutsche Unterstütz­ung für die Ukraine zu schätzen, etwa die Behandlung ukrainisch­er Soldaten in Bundeswehr­kliniken. Oder auch die humanitäre­n Projekte, die vielen KLIMKIN Die Ukraine ist ein Rechtsstaa­t. Auch internatio­nal setzen wir insofern auf eine konsequent­e Haltung der Weltgemein­schaft. Jegliche Versuche, die aufgrund der KrimAnnexi­on erlassenen RusslandSa­nktionen auf die eine oder andere Art zu umgehen, müssen rechtlich geahndet werden. Manche finden es übertriebe­n, in diesem Zusammenha­ng an die Werte der EU zu appelliere­n – ich bin da anderer Meinung. Uns steht eine breite Palette rechtliche­r Mechanisme­n zur Verfügung, derer wir uns bedienen können. Wir sind gerade dabei, eine ausgewogen­e Lösung zu finden. Einzelheit­en kann ich allerdings noch nicht verraten, da es in dieser Hinsicht einer gewissen Vertraulic­hkeit bedarf.

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FOTO: AFP Außenminis­ter Pawlo Klimkin 2016 nach einem Termin mit seinem portugiesi­schen Amtskolleg­en im Palast von Necessidad­es in Lissabon.

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