Trump trifft Raketenmann
Der US-Präsident glaubt, dass ihm gelingt, woran seine Vorgänger scheiterten. Er will ein atomwaffenfreies Nordkorea.
WASHINGTON Die Volte des Donald Trump, sie wirkt umso sensationeller, wenn man bedenkt, was ihr alles vorausgegangen war an rhetorischen Scharmützeln. Es ist erst sieben Monate her, da sprach er von „Feuer und Zorn“, von der alles vernichtenden Antwort, die er geben werde, falls Nordkorea seine nuklearen Angriffsdrohungen wahr mache. Dann war Kim Jong Un der „Raketenmann“, der sich auf selbstmörderischer Mission für sich und sein Regime befinde. Und nun die Wende, von Trump scheinbar ebenso spontan eingeläutet, wie er im August in seinem Golfclub in New Jersey urplötzlich das Szenario von „Fire and Fury“heraufbeschwor.
So wie es sein Pressestab schildert, holte der US-Präsident den südkoreanischen Emissär Chung Eui Yong kurzerhand ins Oval Office. Eigentlich wollte er ihn erst am nächsten Tag im Westflügel des Weißen Hauses treffen. Chung, wenige Tage zuvor in der Rolle des Krisenmanagers nach Pjöngjang gereist, übermittelte das Angebot Kim Jong Uns, sich mit Trump zu treffen. Und der sagte sofort zu. Mehr noch, er forderte den Besucher auf, es den Reportern im Weißen Haus doch bitte gleich mitzuteilen. So kam es, dass Chung, nach einem Telefonat mit seinem Staatschef in Seoul, noch am Donnerstagabend nach amerikanischer Ostküstenzeit für „World News“sorgte.
Die Sequenz der Ereignisse ist schon deshalb relevant, weil sie aus Sicht der Washingtoner Regierungszentrale unbedingt illustrieren soll, zu welch schnellen Wendungen der Mann im Oval Office in der Lage ist. Trump, der Pragmatiker. Trump, der Wendige, dem ideologische Scheuklappen nicht den Blick versperren. Der eingefahrene Gleise verlässt, der zwar nominell Republikaner ist, aber eben ein unkonventioneller. Das soll die Botschaft sein. Seine Anhänger vergleichen es bereits mit dem China-Coup, den Richard Nixon landete, als er 1972 überraschend nach Peking flog, um das Eis schmelzen zu lassen.
Doch wenn es das eine Motiv gibt, das Trumps jähen Entschluss am ehesten erklärt, dann ist es der offenbar durch nichts zu erschütternde Glaube an die eigenen Fähigkeiten. Allein durch Willenskraft und Verhandlungsgeschick, scheint er zu glauben, kann ihm gelingen, woran Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama erst verzweifelt und dann gescheitert waren: Pjöngjang zu einem belastbaren Bekenntnis zur De-Nuklearisierung der koreanischen Halbinsel zu bringen.
Das Genie, das nun auch in der Politik anwendet, womit er im harten Immobiliengeschäft New Yorks Erfolg hatte – so verkaufte sich Trump der Wählerschaft, als ihn die „Grand Old Party“zum Präsidentschaftskandidaten kürte. Er allein könne die Probleme des Landes lösen, lautete damals im Sommer 2016 sein Schlüsselsatz. Einmal im Amt, gab er vor, das Konfliktknäuel des Nahen Ostens in kurzer Zeit aufdröseln zu können. Bislang ist der Ankündigung an Taten nicht viel gefolgt, jedenfalls nichts, was auch den Palästinensern Vertrauen einflößen würde. Nun fürchten Skeptiker, im Falle Nordkoreas könnte der Kontrast zwischen Worten und Handeln ähnlich krass ausfallen.
Wendy Sherman, eine Diplomatin, die schon unter Clinton in Pjöngjang verhandelte, hat es in der „New York Times“mit einem gewissen Sarkasmus kommentiert. Zwischen Trump und Kim, sagt sie, gebe es eine Symmetrie. „Wir reden