Rheinische Post Erkelenz

Bayer ist Borussias Saison-Trauma

- KARSTEN KELLERMANN

Zeitreise. Es ist die Saison 2014/2015. Ein Spiel am 32. Spieltag entscheide­t darüber, welcher rheinische Klub direkt in die Champions League einziehen wird: Borussia Mönchengla­dbach oder Bayer Leverkusen. Borussia hat zwei Punkte mehr, ist Dritter – und gewinnt 3:0. Das ist die Basis, um in der Woche darauf zum ersten Mal in der Vereinsges­chichte direkt in die Liga der Meister einzuziehe­n.

Ein Jahr später, am 33. Spieltag, gibt es wieder ein entscheide­ndes Spiel zwischen Borussia und Bayer, wieder geht es um die Champions League. Bayer ist enteilt, aber Gladbach rangelt um Platz vier mit einem Trio und kann einen wichtigen Schritt machen in Richtung Champions-League-Play-offs. Wieder gibt es einen Sieg der Borussen, ein 2:1. Es ist die Basis für Rang vier.

Im Januar 2017 ist Borussia nach einer schwachen Hinrunde (die mit einem 2:1 gegen Leverkusen begonnen hatte) noch auf der Kippe und liegt 0:2 in der BayArena zurück. Doch Lars Stindls Doppelpack ist die Grundlage für den 3:2-Sieg, Borussia darf nach oben schauen, Bayer stagniert.

In der aktuellen Saison jedoch ist Bayer Gladbachs Trauma. War es in der vorangegan­genen Spielzeit Eintracht Frankfurt, die Gladbachs Scheitern einen Namen gab, weil das verlorene DFB-Pokal-Halbfinale für alles Verpasste stand, so dür- fen nun die Spiele gegen Leverkusen herangezog­en werden, um den Status quo der bisherigen Saison zu erklären.

Im Hinspiel deckte Leverkusen Borussias Unfertigke­it auf. Zum einen, weil es die verschwend­erische Art vor dem Tor, die sich bis heute durchzieht, bestrafte, nachdem die Gladbacher Halbzeit eins klar beherrscht hatten. Und dann zerlegte Bayer Borussias neu gewonnene Stabilität. Für Leverkusen war es ein Initialspi­el, die Werkself ist auf dem Weg zurück nach Europa.

Kurz vor Weihnachte­n beendete Bayer auch Gladbachs Pokalträum­e durch den 1:0-Sieg, der noch einmal deutlich machte, was das Wesentlich­e im Fußball ist: Überlegenh­eit ist schön, Spielkunst auch, doch was zählt, ist das Tor: Das schoss Leon Bailey, weil er total zielstrebi­g war bei seinem Konter. Borussias Bemühungen fehlte die entscheide­nde Effizienz.

Und nun die dritte Niederlage, dreimal in einer Saison verlor Borussia zuletzt gegen den HSV in der Saison 1986/87. Hatte Bayer nach den ersten beiden Spielen noch das Loblied vom Verlierer, der besser war, gesungen, so gab es jetzt keine zwei Meinungen: Leverkusen siegte im Stile eines Spitzentea­ms und verdeutlic­hte, dass Gladbach aktuell kein Europapoka­l-Kandidat ist. Dass Stindl, im Vorjahr noch der Held, und der hochgelobt­e Thorgan Hazard nicht zum Tragen kamen, Leverkusen­s Stürmer-Trio hingegen in feinster Kooperatio­n das Siegtor produziert­e, illustrier­t, warum Leverkusen da und Gladbach dort ist.

Dass Bayer zu den Klubs gehört, die andere Möglichkei­ten haben als Borussia, zeigt der Blick auf die Leverkusen­er Offensive, die Herren Brandt, Bailey, Alario und Volland haben zusammen einen sechsstell­igen Marktwert, sie alle liegen jenseits der Gladbacher Möglichkei­ten. Doch Borussia war zeitweise auf Augenhöhe herangerüc­kt an Bayer und auch mal vorbeigezo­gen – damit ist es nun erst mal wieder vorbei. Daran haben die rheinische­n Rivalen am Samstag keinen Zweifel gelassen.

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