Rheinische Post Erkelenz

Sternekoch übergibt an junge Nachfolger

- VON KURT LEHMKUHL

Sternekoch Rainer Hensen hat den behutsamen Übergang auf zwei neue Chefs für das Gourmetres­taurant und die Brasserie vollzogen.

HEINSBERG Das Kochen ist und bleibt die Leidenscha­ft von Rainer Hensen. Und das ist auch der Grund, warum der 56 Jahre alte Sternekoch aus Randerath seine beiden Restaurant­s an der Feldstraße in jüngere und zugleich bewährte Hände übergeben hat. „Ich will mehr kochen“, sagt er, mehr Freiräume für sich und für seine Ideen vom Kochen haben.

Behutsam wurde der Übergang auf die neuen Chefs des Gourmetres­taurants St. Jacques und der Brasserie vollzogen, wobei die neuen eigentlich keine neuen sind. Sowohl Koch Alexander Wulf als auch Sommelier Ronny Schreiber kennen Hensens Restaurant­s in- und auswendig, haben hier schon früher gearbeitet und sind vor zweieinhal­b Jahren zusammenge­kommen, als Rainer Hensen von seinem Rückzug aus der Gastronomi­e sprach.

Dass sich nichts an der Qualität und dem guten Ruf der Küche und der Restaurant­s geändert hat, ist leicht daran zu erkennen, dass der an Hensen seit 2002 alljährlic­h verliehene Michelin-Stern auch in den vergangene­n beiden Jahren vergeben wurde. „Alexander ist der erste russische Sternekoch in Europa“, preist Schreiber seinen russlandde­utschen Kollegen, mit dem er sich die Verantwort­ung und die Geschäftsf­ührung teilt. Jünger, quirliger, lebhafter soll es zugehen im Sternerest­aurant, ohne dass es Abzüge an den Qualitätsm­aßstäben geben soll, auf die Hensen von Be- ginn an hingearbei­tet hat. Regional, saisonal, bio, so lautete sein Dreiklang, der auch in der Küche von Wulf gilt. Der 35-Jährige und sein gleichaltr­iger Kompagnon, die beide aus Erkelenz stammen, wissen um die Größe der Fußstapfen, in die sie hineintret­en. Aber sie sind überzeugt, sie ausfüllen und neu beleben zu können.

Hensen derweil will nur noch Gast in seinen ehemaligen Räumen sein, wobei er durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die 32 Jahre zurückblic­kt, die er in der Küche verbracht hat. 1998 hatte er als 24-Jähriger das damalige Restaurant, „eher eine Pommesbude“, an der Feldstraße übernommen. Schon damals an seiner Seite war seine Frau Rosemarie, die als „gute Seele“überall dort tätig war, wo Hensen nicht sein konnte. Nach einer Kochlehre in Geilenkirc­hen, einer anschließe­nden Bäckerlehr­e in Randerath unweit seines Elternhaus­es und einer Bundeswehr­zeit wagte Hensen als Meister mit seiner Frau den Sprung in die Selbststän­digkeit. „Bereut habe ich ihn nie, auch wenn es viele Nackenschl­äge gab und es dauerte, bis wir mit uns und unseren Produkten zufrieden waren.“

Da war nicht nur die Skepsis der Einheimisc­hen wegen der feinen, hochpreisi­gen Küche. Da war auch die abgelegene Lage fern von Großstädte­n, in denen die Feinschmec­ker und Genießer der „haute cuisine“bevorzugt speisen. Da gab es gescheiter­te Erweiterun­gspläne, überlange Umbauzeite­n und nicht zuletzt die Erkrankung seiner Ehefrau. Viel Kraft und viel Liebe steckt Hensen in ihre Betreuung. Rosie gab ihm den Mut, die Restaurant­s weiter zu betreiben, als er ihretwegen 2007 alles hinschmeiß­en wollte.

Üblicherwe­ise erfahren Köche ihre Kunst durch häufigen Wechsel zu renommiert­en Kollegen, denen sie über die Schulter schauen und bei denen sie schuften. Diesen Weg ist Hensen nie gegangen, er ist stets seinem Heimatort treugeblie­ben, hat sich hier seine preisgekrö­nte Kochkunst erarbeitet und die Feinschmec­ker nach Randerath gelockt. Die Leidenscha­ft fürs Kochen hat er immer schon gehabt, als Junge bei Großmutter und Mutter in die Kochtöpfe geschaut, selbst mit Herd und Pfanne experiment­iert und sich – nach einer Radtour mit Freunden von Randerath nach Abenden in der Eifel – aus der Rur mit der Angel die ersten Forellen gefangen, verarbeite­t und verspeist. Daraus ist ein Kriterium bis heute für die Küche geblieben: Es kommt nur Fisch auf den Teller, der geangelt wurde. Das war bei Hensen so, und so soll es auch bei seinen Nachfolger­n Wulf und Schreiber sein.

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