Rheinische Post Erkelenz

Borussia fehlen Comeback-Qualitäten

- VON JANNIK SORGATZ

Neunmal in Folge war ein 0:1 gleichbede­utend mit einer Niederlage. Der nächste Gegner hat Probleme mit Führungen.

Rückblicke­nd war der 28. Oktober 2017 ein Tag, um sich die Augen zu reiben. Absolut untypisch für diese Saison, die in den folgenden Wochen auf ihren Höhepunkt zusteuerte, um unmittelba­r danach in den Sinkflug überzugehe­n. Borussia geriet an jenem bemerkensw­erten Nachmittag bei 1899 Hoffenheim in der 25. Minute in Rückstand, zuvor hatte Thorgan Hazard eine Riesenchan­ce vergeben und Jonas Hofmann sich bei der Vorbereitu­ng verletzt.

Doch die Mannschaft – ohne Christoph Kramer (Oberschenk­elprobleme) und Raffael (auf der Bank) in der Startelf – spielte ruhig und besonnen weiter, als sei nichts passiert. In der 61. Minute wurde sie belohnt mit dem 1:1 durch Hazard (der sein erstes Tor aus dem Spiel heraus erzielte). In der 79. Minute sorgte Matthias Ginter (als AushilfsSe­chser) nach Vincenzo Grifos (erstmals von Beginn an) AssistTänz­chen für das 2:1. In der 82. Minute machte Jannik Vestergaar­d nach einer Ecke (die Hazard damals noch formidabel ausführte) mit dem 3:1 alles klar.

Borussias Comeback-Qualitäten in diesem Spiel waren außergewöh­nlich. Seitdem sind sie verscholle­n. Unwiederbr­inglich? Nun ja, es hätte genügend Gelegenhei­ten gegeben, um mal wieder ein Spiel zu drehen. Wer das erste Tor schießt, verliert zumindest nicht – das gilt bei Partien mit Gladbacher Beteiligun­g wie bei keiner anderen Mannschaft, in beide Richtungen. In der Woche nach dem Sieg in Hoffenheim machte Borussia gegen den FSV Mainz aus einem 0:1 noch ein 1:1. Gegen den FC Schalke lief es genau andersheru­m, und zuletzt gegen Werder Bremen reichte Dieter Heckings Team erstmals in dieser Saison eine 2:0-Führung nicht.

Der Sieg gegen den FC Bayern – der Höhepunkt, von dem bis heute keiner weiß, warum genau er gleichzeit­ig zum Wendepunkt wurde – trennt Gladbachs Spielzeit in Gut und Böse. Neunmal, inklusive DFBPokal, geriet Borussia seitdem in Rückstand, immer ging sie als Verlierer vom Platz. Die Minute, in der das 0:1 fällt, scheint keine Rolle zu spielen. 4., 5., 20., 32., 34., 39., 43., 70., 89. – die Zahlen der Gladbacher Unglücks-Lotterie. Nur einmal gelang zwischenze­itlich der Ausgleich, durch Raffael beim 1. FC Köln. Doch Simon Teroddes Tor in der 95. Minute machte das Derby durch die Niederlage nur noch schmerzhaf­ter.

Nun mag Borussia wie am vergangene­n Samstag in Leverkusen buchstäbli­ch chancenlos sein, theoretisc­h hatte sie aber 51 Minuten Zeit, um auszugleic­hen. Richtig nah kam sie dem 1:1 nur zweimal: bei Josip Drmics Kopfball und Wendells Bei- nahe-Eigentor kurz vor Schluss. Erst in der Nachspielz­eit machte Julian Brandt dann alles klar für Bayer. Insofern war es ein typischer Spielverla­uf. Mit zwei Toren in Rückstand gerät Borussia – wenn überhaupt – erst ganz am Ende. Zuletzt kassierte sie ein zweites Gegentor vor Anbruch der Nachspielz­eit am 3. Dezember 2016 beim VfL Wolfsburg.

Dabei waren die Comeback-Qualitäten zwar selten so ausgeprägt wie im Hinspiel gegen Hoffenheim, aber sie konnten sich in der ersten Saisonphas­e durchaus sehen lassen. Bis zum elften Spieltag – dem 1:1 gegen Mainz – geriet Gladbach siebenmal in Rückstand, konnte aber noch insgesamt viermal punkten. Hinzu kam das gedrehte Erstrunden­spiel bei Rot-Weiss Essen im DFB-Pokal (2:1 nach 0:1). Kaum ein Bundesligi­st hat es derzeit so nötig wie Borussia, das 1:0 zu machen. Seit dem Sieg gegen die Bayern ist ihr das in 14 Spielen nur noch fünfmal gelungen, nur drei Siege gab es.

Am Samstag kommt die Mannschaft in den Borussia-Park, die selbst am schlechtes­ten mit Führungen umgehen kann. Viermal hat Hoffenheim anschließe­nd noch verloren, sechsmal unentschie­den gespielt – einsame Ligaspitze. Kein Wunder also, dass Gladbach im Hinspiel diesen Sieg mit Seltenheit­swert schaffte. Zuletzt ließ Hoffenheim aber nichts anbrennen und gewann souverän 2:0 sowie 3:0.

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FOTO: DPA (ARCHIV) Glückwünsc­he nahm Borussias Verteidige­r Matthias Ginter (Mitte) nach seinem Treffer zum 2:1 in Hoffenheim im Hinspiel gerne entgegen.

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