Sanktionen gegen eine halbe Million Hartz-IV-Empfänger
BERLIN (jd/mar) Im vergangenen Jahr wurde 34.000 Personen der Bezug von Hartz IV vollständig gestrichen, weil sie gegen Auflagen der Behörden verstießen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt und sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit bezieht. Demnach wurden gegen insgesamt 204.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte zwei und mehr Sanktionen ausgesprochen, 217.000 weitere Bezieher von Hartz IV bekamen eine Sanktion auferlegt – zusammen also knapp eine halbe Million. Die Grünen, die das System der Leistungskürzungen in der bestehenden Form ablehnen, fordern nun von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) Reformen.
„Minister Heil hat eine kritische Überprüfung der Sanktionspraxis bei Hartz IV angekündigt“, sagte Sven Lehmann, Sprecher der Grünen-Fraktion für Sozialpolitik. Bei unbequemen Fragen dazu ducke sich die Bundesregierung aber weg. Lehmann wirft der Koalition von Union und SPD vor, nicht ausreichend Verantwortung für eine gute Beratungs- und Betreuungsqualität in den Jobcentern zu übernehmen.
„Die Jobcenter sind nicht bedarfsdeckend finanziert und das Personal mit Bürokratie überlastet, so dass individuelle Förderung und passgenaue Vermittlung oft auf der Strecke bleiben“, sagte der GrünenPolitiker. Angesichts dieser Mängel seien Sanktionen nicht mehr zu rechtfertigen. „Denn sie basieren auf der falschen Annahme, Arbeitslosigkeit sei ein individuelles Versagen. Fakt ist aber, dass passgenaue Arbeitsplätze, gerade für Langzeitarbeitslose, und individuelle Qualifizierung fehlen“, sagte Lehmann und wirft der Bundesregierung vor, mit den Sanktionen ein Klima der Angst zu schaffen. Sowohl Union als auch SPD lehnen es ab, die Sanktionen vollständig zu streichen. Zudem verweist Heils Ministerium in der Antwort darauf, dass die übrigen rund fünf Millionen Leistungsberechtigten sanktionsfrei blieben.