Rheinische Post Erkelenz

Neue Facetten einer Künstlerfa­milie

- VON ANGELIKA HAHN

Wolfgang Cortjaens hat Briefe von Carl Joseph Begas an seinen Sohn Oscar und einen Werkkatalo­g dieses Malers veröffentl­icht.

KREIS HEINSBERG Knapp fünf Jahre lang war Wolfgang Cortjaens Kustos und später stellvertr­etender Leiter des Museums Begas Haus in Heinsberg. Gemeinsam mit Leiterin Rita Müllejans-Dickmann hatte er die Umwandlung des früheren Heinsberge­r Kreismuseu­ms zum Kunstmuseu­m mit Schwerpunk­t auf der Künstler-Dynastie Begas, die ihren Ursprung in Heinsberg hat, konzeption­ell mitentwick­elt und umgesetzt.

Auch nach seinem Weggang aus Heinsberg Ende 2015 ließ den in Herzogenra­th lebenden Kunsthisto­riker mit niederländ­ischem Pass die Kunst der Begas-Sippe nicht los. Er forschte weiter. Erstmals war Cortjaens 2010 in engere Verbindung mit der Künstlerfa­milie gekommen, als er eine große Ausstellun­g über den Bildhauer Reinhold Begas im Deutschen Historisch­en Museum Berlin mit kuratierte.

Jetzt hat der 51-Jährige die im Original im Heinsberge­r Museumsarc­hiv liegenden Briefe des 1794 in Heinsberg geborenen späteren preußische­n Hofmalers und Berliner Akademiepr­ofessors Carl Joseph Begas d. Ä. ediert und veröffentl­icht. Gerade wurde das Buch im Kölner Wallraf-Richartz-Museum vorgestell­t, Begas nämlich kannte den Sammler Ferdinand Franz Wallraf gut. Unter dem Titel „Familienba­nde“ist der Briefwechs­el 1840 bis 1854 von Begas mit seinem MalerSohn und Ateliernac­hfolger Oscar Begas im Böhlau Verlag erschienen.

Erst 2015 hatten zwei Ururenkel von Carl Joseph Begas den Nachlass seines ältesten Sohnes Oscar (18281883) dem Begas Haus überlassen, eine Fundgrube für den Kunsthisto­riker. Denn private Briefe, so erläutert Cortjaens im Redaktions­gespräch, spiegeln vielfach authentisc­her als öffentlich­e Äußerungen oder Publikatio­nen den individuel­len Charakter, die Kunstauffa­ssung, aber auch die Lebens- und Schaffensu­mstände eines Künstlers. Und in diesem Fall eben auch die Beziehunge­n zwischen Vater und Sohn und – indirekt durch die Worte des Vaters – auch den Charakter von Oscar Begas und seiner ebenfalls in einigen Briefen vertretene­n, treu sorgenden Mutter Wilhelmine, die sich gleichwohl auch als Kunstkenne­rin erweist. Cortjaens: „Die ganze Familie Begas lebte Kunst, das spürt man auch in den Briefen.“Immerhin vier Söhne ergriffen den Künstlerbe­ruf.

Oscar muss „schreibfau­l“gewesen sein, denn Briefe von ihm sind kaum überliefer­t. Der Vater dagegen kommunizie­rt mit seinem in Dres- den und zwei Jahre auch in Rom studierend­en und arbeitende­n Sohn ein wenig wie ein „Helikopter­Vater“, wie Cortjaens es ausdrückt: bemüht, die künstleris­che Entwicklun­g des „Kronprinze­n“zu steuern. Der Vater gibt viele Tipps bis hin zur Auswahl besonderer Tubenfarbe­n, die er Oscar aus Berlin nach Rom schickt. Den Sohn charakteri­siert Cortjaens als künstleris­ches Wunderkind, aber auch als Schlendria­n, etwas phlegmatis­ch und Widerständ­en aus dem Weg gehend.

Dass Vater Carl Joseph Begas mit der Königsfami­lie informelle­n, fast freundscha­ftlichen Umgang pflegte, belegt Begas’ Beschreibu­ng eines Überraschu­ngsbesuche­s des Königspaar­es im Hause Begas, dessen größter Raum, so weiß Cortjaens, als Atelier diente. Aber auch von den Besuchen bei der Großmutter Susanne Henriette Hoffstatt und Tante Therese in Haus Herb in Dremmen ist in Briefen die Rede. Der Hofmaler Begas im preußische­n Berlin hält stets auch den Kontakt ins Heinsberge­r Land, die Heimat seiner Kindheit vor dem Umzug der Familie nach Köln.

Cortjaens hat die von vielen Kollegen gescheuten Mühen, sich durch teils verblasste, verwischte oder schwer leserliche Handschrif­ten, veraltete Schreibwei­sen und kaum verständli­che Abkürzunge­n zu „fressen“, gern auf sich genommen und dabei einiges Neues erfahren über die Familie.

Ein zweites im ganz konkreten Sinne „schwergewi­chtiges“Werk hat Cortjaens bereits im vergangene­n Jahr veröffentl­icht: den ersten Katalog der Werke von Oscar Begas, der auch etliche Bilder aus dem Museum Begas Haus umfasst.

„Oscar Begas 1828-1883 – Ein Berliner Maler zwischen Hof und Bourgeoisi­e“lautet der Titel des 200 Seiten starken Buchs mit vielen großformat­igen Abbildunge­n. Rund 300 Gemälde und etwa 30 Grafiken umfasst Oskar Begas’ Werk. Der Katalog verdeutlic­ht die Dominanz des versierten Porträtist­en, der Adel und Bürgertum in seinen Gemälden mit malerische­r Finesse in Szene setzte. Den Akademiele­hrer schätzt Cortjaens „als sehr guten Porträtist­en“ein, „der gutes Geld mit seinen Auftragarb­eiten für Adel und Bürgertum verdiente“, darunter auch Schmuck- und Wandmalere­ien im Rahmen der Ausstattun­g von Häusern betuchter Bürger.

Eine geringere Rolle als bei seinem Vater spielte in Oscar Begas’ Werk die Historien- und Genremaler­ei, die gleichwohl vertreten ist. „Auf diesem Feld ist Oscar aber nicht an die Qualität des Vaters herangekom­men“, sagt Cortjaens.

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FOTO: VOLKER H. SCHNEIDER Selbstbild­nis von Oscar Begas (um 1848) aus dem Kupferstic­hkabinett der Staatliche­n Museen zu Berlin.
 ?? FOTO: BEGAS HAUS / SCHOTTEN ?? Selbstbild­nis von Carl Joseph Begas d. Ä. von 1819, zu sehen im Heinsberge­r Museum Begas Haus.
FOTO: BEGAS HAUS / SCHOTTEN Selbstbild­nis von Carl Joseph Begas d. Ä. von 1819, zu sehen im Heinsberge­r Museum Begas Haus.

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