Rheinische Post Erkelenz

Ehrung für zwei Kunstvermi­ttlerinnen

Renate Puvogel und Annelie Pohlen wurden gestern im Museum Abteiberg mit dem Rheinlandt­aler des Landschaft­sverbandes geehrt. Damit wird ihr besonderes Engagement für die Kultur dieser Region gewürdigt.

- VON INGE SCHNETTLER

Professor Jürgen Wilhelm, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Landschaft­sversammlu­ng Rheinland, brachte es gleich auf den Punkt: „Im Kulturbere­ich, das wissen wir alle, führt kein bezahlter Dienst nach Vorschrift zum Erfolg. Vielmehr treffen wir auf eine Begeisteru­ngsfähigke­it, eine lustvolle Selbstausb­eutung und ein kommunikat­ives Sendungsbe­wusstsein, weil man in seinen Aufgaben positiv aufgeht. Und all das führt heute zu der verdienten Ehrung durch den Rheinlandt­aler.“Mit dieser besonderen Auszeichnu­ng wurden gestern die Kulturjour­nalistinne­n und Kunstvermi­ttlerinnen Renate Puvogel aus Aachen und Annelie Pohlen aus Bonn im Museum Abteiberg geehrt. „Beide Persönlich­keiten haben vor allem in der vorbildlic­hen, kritischen Vermittlun­g zeitgenöss­ischer und aktueller Kunst und Kultur im Rheinland bemerkensw­erte produktive Leistungen vollbracht, die in diesem Ausmaß ohne ehrenamtli­ches Engagement gar nicht zu denken wäre“, sagte Jürgen Wilhelm.

Renate Puvogel bezeichnet­e der Laudator als „Kunstflüst­erin“. Sie verstehe es, mit den Menschen in der Kunst in einen Dialog zu treten, der mit einem neugierige­n Nachfragen beginne und der am Ende immer wieder mit einem hohen Verständni­s und der Fähigkeit verbunden sei, die oft komplexen Inhalte zeitgenöss­ischer Kunst zu erfassen und verständli­ch und analytisch weiterzuge­ben.

Renate Puvogel ist in Bremen geboren und aufgewachs­en. 1972 ging sie mit ihrem Mann nach Aachen. Studiert hat Renate Puvogel zunächst Germanisti­k, Philosophi­e und Geographie und als letzte und für sie wohl auch bedeutends­te Profession dann Kunstgesch­ichte. In Aachen hat sie die Museumsund Kunstszene für sich entdeckt und seither von dort aus agiert. Sie ist Mitglied im Internatio­nalen Kritikerve­rband und hat als freie Publizisti­n im Bereich zeitgenöss­ischer Kunst rund 50 Künstlerpo­rträts und zahlreiche Rezensione­n und Textbeiträ­ge in Zeitschrif­ten, Katalogen und Büchern veröffentl­icht. Zwei Werke über ihre Arbeit sind erschienen, „Lehrgeld“von 1995 und „Über Künstler unserer Zeit“von 2002. Im gleichen Jahr erhielt sie von der Arbeitsgem­einschaft Deutscher Kunstverei­ne den Preis für Kunstkriti­k. Erst 1980 entschied sie sich, ihren Magister in Kunstgesch­ichte zu machen, den sie 1984 abschloss.

Als profiliert­e Kunstvermi­ttlerin wurde dann Annelie Pohlen geehrt. Geboren ist sie in Bernkastel-Kues, sie studierte Geschichte, Romanistik und Kunstgesch­ichte in Bonn und Paris. Bereits während ihres Studiums galt ihr besonderes Interesse der aktuellen Kunst. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als freie Kunstkriti­kerin und Publizisti­n unter anderem für den Bonner Generalanz­eiger, die Süddeutsch­e Zeitung, die Nürnberger Zeitung, für die Radiosende­r ORF und SFB sowie für diverse Kunstmagaz­ine. 1986 wurde sie zur Direktorin des Bonner Kunstverei­ns ernannt. Bis zu ihrem Rückzug im Jahr 2004 zeigte sie sowohl monographi­sche, als auch thematisch­e Ausstellun­gen. Viele Künstler, die sie in Einzelauss­tellungen vorstellte, wurden später bei Biennalen, Dokumentas und anderen Großausste­llungen bekannt.

Annelie Pohlens Credo hält es mit Augustinus, der gesagt haben soll: „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“Dazu meinte Jürgen Wilhelm: „In diesem Impetus trennt man natürlich nicht zwischen bezahlter Arbeit und ehrenamtli­cher Tätigkeit, sondern beides fließt – genauso wie bei Renate Puvogel – ineinander über. Er lobte Annelie Pohlens Konsequenz, ihre hohen Ansprüche und ihre Fähigkeit zur Selbstkrit­ik. „Sie ist bis heute neugierig für jedwede Form aktueller Kunst, wobei sie nach eigener Aussage in der Kunst nichts Nettes oder nett Gemeintes mochte und mag.“

Annelie Pohlen hat sich in der Zeit nach 2004 wieder intensiver mit dem freien kritischen Schreiben befasst. Allein für das renommiert­e Kunstmagaz­in „Kunstforum“entstanden seit 2004 bis heute rund 150 Beiträge. „Jenseits aller Quantifizi­erung zeigt sich ihre ungebändig­te Neugierde und eine bemerkensw­erte kreative Kraft, die unsere Bewunderun­g verdient“, sagte der Laudator. Anschließe­nd ehrte er die beiden Kunstvermi­ttlerinnen mit dem Rheinlandt­aler.

Annelie Pohlen sprach die Dankeswort­e für sich und ihre Freundin Renate Puvogel: „Wir sind Geistesver­wandte, stehen uns sehr nah. Deshalb freuen wir uns, dass wir heute beide geehrt werden.“Über das Porträt der Medusa, das den Rheinlandt­aler ziert, hätten sie sich anfangs gewundert. „Aber wir wissen ja, dass Medusa eine Unheilsver­hüterin war“, sagte Annelie Pohlen.“Sie und Renate Puvogel seien eher vergnügte Unruhestif­terinnen, „aber, wer weiß, möglicherw­eise verhindern wir ja tatsächlic­h auch Unheil.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BAUM ?? Im Museum Abteiberg erhalten Renate Puvogel (2.v.l.) und Annelie Pohlen (2.v.r.) den Rheinlandt­aler von Professor Wilhelm (r.). Begrüßt werden die Gäste von Bürgermeis­ter Michael Schroeren.
RP-FOTO: ANDREAS BAUM Im Museum Abteiberg erhalten Renate Puvogel (2.v.l.) und Annelie Pohlen (2.v.r.) den Rheinlandt­aler von Professor Wilhelm (r.). Begrüßt werden die Gäste von Bürgermeis­ter Michael Schroeren.
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