Griechenland bleibt unter Aufsicht
Am 20. August enden die Hilfsprogramme für das hochverschuldete Land – doch die Rückkehr zur Normalität wird noch Jahrzehnte dauern.
ATHEN Der große Tag rückt näher: Am 20. August enden die Hilfsprogramme für Griechenland. Aber bis das Problemland zur Normalität zurückkehrt, wird es noch Jahrzehnte dauern. Die Griechen müssen auch nach dem Abschluss des Anpassungsprogramms strenge Kontrollen über sich ergehen lassen. Denn die Angst der Gläubiger vor einem Rückfall ist groß.
Für den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ist das Ende des Programms ein politischer Erfolg, den er mit einer pompösen Kundgebung in Athen zu feiern gedenkt. Schließlich hatte Tsipras schon bei seinem Amtsantritt Anfang 2015 versprochen, er werde die Kreditverträge „in der Luft zerreißen“, den Schuldendienst einseitig einstellen und die verhasste Troika für immer aus Athen vertreiben. Doch stattdessen musste Tsipras neue, noch härtere Spar- und Reformauflagen akzeptieren, nachdem er und sein exzentrischer Finanzminister Yanis Varoufakis Griechenland im Sommer 2015 an den Rand des Staatsbankrotts geführt hatten.
Tsipras wandelte sich zwar inzwischen vom Rebell zu einem Partner, der die meisten Auflagen der Geldgeber folgsam umsetzt. Zugleich betont er aber immer wieder, er müsse unter dem Druck der Gläubiger eine Politik machen, „an die ich nicht glaube“. Und es gibt bereits Anzeichen, dass die Regierung vom Spar- und Reformkurs abweicht: Ende Juni setzte Tsipras eine geplante Mehrwertsteuererhöhung für fünf Ägäisinseln aus – ohne Absprache mit den Gläubigern. Die Regierung lässt auch durchblicken, dass sie die beschlossenen Rentenkürzungen zum 1. Januar 2019 und die im Jahr darauf fällige Steuerreform annullieren will.
Das heikle Thema dürfte am Donnerstag die Euro-Finanzminister beschäftigen. Sie wollen darüber beraten, welchen Kontrollen sich Griechenland nach dem Ende des Programms unterziehen muss. Sie werden erheblich schärfer sein als das „Post Programme Monitoring“(PPM), dem die anderen vier früheren Programmländer unterworfen sind. Das PPM sieht sechsmonatige Überprüfungen durch die EU-Kommission vor, bis das jeweilige Land 75 Prozent der erhaltenen Hilfskredite zurückgezahlt hat.
Parallel dazu bleibt Athen wie bisher auch weiterhin unter Beobachtung des Euro-Stabilitätsfonds ESM, bis alle Darlehen getilgt sind. Das wird bis 2066 dauern. Bis dahin unterliegt Griechenland dem so genannten „Frühwarnsystem“des ESM: Experten des Stabilitätsfonds erstellen alle drei Monate eine Analyse zur Finanzlage des Schuldners, um sicherzustellen, dass dieser seine Kredite planmäßig bedienen kann.
Zusätzlich kommt Griechenlands bis 2022 unter verschärfte Aufsicht der EU-Kommission, des ESM, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds. So wollen die Gläubiger sicherstellen, dass die Regierung die fiskalischen Vorgaben einhält. Außerdem muss Athen weitere Privatisierungen, Verwaltungsund Arbeitsmarktreformen umsetzen.
Voraussichtlich am Freitag will das ESM-Direktorium über die Auszahlung der letzten Kreditrate aus dem laufenden Hilfsprogramm entscheiden. Es geht um 15 Milliarden Euro. Davon sind 5,5 Milliarden Euro für den Schuldendienst bestimmt. 9,5 Milliarden fließen in eine Rücklage. Dieses Liquiditätspolster von insgesamt rund 24 Milliarden Euro soll es Griechenland ermöglichen, sich bis Mitte 2020 zu refinanzieren, ohne neue Staatsanleihen ausgeben zu müssen.