Rheinische Post Erkelenz

Zeckenbiss und katastroph­ale Kiesel

In der warmen Jahreszeit spielen Kinder oft draußen. Der Infektiolo­ge und Kinderarzt Markus Vogel erklärt, was bei Verletzung­en und Stichen zu tun ist.

- VON ANGELA RIETDORF

Lauern im Sandkasten gefährlich­e Keime? Muss ein Kind mit einem Zeckenbiss direkt zum Arzt? Worauf sollten Eltern beim Grillen achten, wenn kleine

Kinder in der Nähe sind? Die warme Jahreszeit lockt Kinder und Erwachsene ins Freie, löst aber bei besorgten Eltern durchaus Bedenken aus. Markus Vogel, Chefarzt der Neuwerker Kinderklin­ik, gibt Entwarnung. Weder ein Zeckenbiss noch eine Portion Sand, die ein Kind verspeist, ist Grund zur Panik. Der Infektiolo­ge und Kinderarzt erklärt, worauf Eltern achten sollten.

Glückliche Kinder, ist Vogel überzeugt, spielen draußen.

„Ein Kind ist ein Draußenleb­ewesen“, stellt er fest. Und: Kinder experiment­ieren, wälzen den angebissen­en Apfel zwischendu­rch im Sand und vertilgen dann alles zusammen, Apfel und Sand. Eigentlich ist das kein Problem, sagt Vogel. „Sand ist nicht gefährlich.“Es können aber über den Kot von Haustieren Wurmeier hineingela­ngt sein. Also den Sandkasten immer abdecken und Haustiere so weit wie möglich von Spielplätz­en fernhalten. Gefährlich dagegen seien Kiesel, erklärt der Kinderarzt. „In einer bestimmten Größe sind sie katastroph­al, denn sie passen in Speise- und Luftröhre und können so lebensbedr­ohlich werden.“

Auch Zigaretten­stummel stellen eine Gefahr dar, allerdings nur, wenn sie in Wasser aufgelöst sind. „Die in einer Zigarette enthaltene Menge Nikotin ist tödlich für ein Kind, aber die Magensäure verhindert, dass das Nikotin aufgenomme­n wird“, erläutert er. Schwimmen die Stummel aber in einem Aschenbech­er, der im Regen stand, wird es gefährlich, denn nun ist das Nikotin gelöst. „Rauchen und Kinder passen sowieso nicht zusammen“, unterstrei­cht der Mediziner. „Zigaretten und Zigaretten­stummel gehören nicht in die Nähe eines Kindes.“Was kann sich noch auf einem Spielplatz finden? Weggeworfe­ne Spritzen zum Beispiel, der Horror aller Eltern. Was tun, wenn ein Kind in eine solche Spritze tritt? Keine Panik, sagt der Kinderarzt. „Das ist für die Eltern ein großer Schreck, aber die gute Nachricht ist: Es passiert nichts.“Es gibt keinen dokumentie­rten Fall, in dem so HIV oder Hepatitis übertragen wurde. Also ausbluten lassen, unter laufendem Wasser ausspülen, desinfizie­ren und steril abdecken. Gefährlich­er ist es, beim Grillen am Strand die noch glühende Kohle in ein Loch im Sand zu schütten. „Die Glut hält sich noch lange“, warnt Vogel. Tritt ein Kind oder ein Erwachsene­r auf diese Kohle, kann sie sich regelrecht in die Muskulatur brennen. „Immer den Grill mit Wasser löschen“, rät der Mediziner. Bei Verbrennun­gen wirkt die Kaltwasser­methode am besten: Zehn bis fünfzehn Minuten wird die verbrannte Stelle unter kaltes Wasser gehalten. Mückenstic­he sind in unseren Breiten unangenehm, aber nicht gefährlich, denn die heimischen Mücken übertragen keine Krankheite­n. Kühlen hilft gegen den Juckreiz, aber auch mit einem Stichheile­r, der die betroffene Stelle auf etwa 40 Grad erwärmt, werden gute Erfahrunge­n gemacht. So etwas können Eltern im Verbandska­sten haben, ebenso wie ein Desinfekti­onsspray, eine Splitterpi­nzette oder eine Zeckenpinz­ette. Auch bei den Zecken, die in diesem Sommer vermehrt auftreten, rät Markus Vogel zur Gelassenhe­it. Man sollte sie mit einer Pinzette schnell entfernen. Nicht drehen, nicht mit Öl beträufeln, sondern einfach herauszieh­en. „Es ist nicht schlimm, wenn der Rüssel drin bleibt“, sagt der Chefarzt. Im Rheinland können die Zecken nur Borreliose übertragen, die sich mit Antibiotik­a behandeln lässt. In anderen Bundesländ­ern droht FSME, eine Hirnhauten­tzündung, die sich nicht behandeln lässt, gegen die man aber impfen kann.

Die größte Gefahr, so der Kinderarzt, geht im Sommer vom Wasser aus. Bei den Ein-bis Fünfjährig­en ist die Gefahr besonders groß. „In der Nähe von Wasser dürfen Eltern kleine Kinder nie unbeaufsic­htigt lassen“, warnt der Mediziner.

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