Der Kommissar und die Liebe
Die Krimi-Reihe soll das Leben abbilden. In der Liebe sieht es aber schlechter aus als beim Durchschnittsdeutschen.
DÜSSELDORF (mso) Der Kölner Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) ist seit zig Jahren mit seiner Frau Susanne verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder, Schenk ist mittlerweile sogar Großvater, der Kontakt zur Familie beschränkt sich auf nölige Telefonate. Ansonsten spielt die Familie im Krimi keine Rolle.
Aber zumindest ist Schenk verheiratet – und damit eine Ausnahme in der erfolgreichsten deutschen Krimi-Reihe. Die Berliner Psychologin und Paartherapeutin Diana Boettcher hat das Privatleben der Ermittler analysiert und dabei den Beziehungsstatus und die Zahl der Kinder berücksichtigt. Kurz zusammengefasst. Es ist kompliziert. Bei den meisten jedenfalls.
Denn die Jagd nach Ganoven scheint einsam zu machen: Vier Fünftel der TV-Ermittler sind noch zu haben. Damit repräsentieren sie nicht in den gesellschaftlichen Durchschnitt: Hier ist mit 46 Prozent der Menschen laut Boettcher noch nicht mal jeder Zweite Single. Ganz fest vergeben ist nur jeder zehnte Kommissar. Besonders auf dem Revier scheinen die Herzen der Ermittler höher zu schlagen. Gleich fünf Kommissare sind eine Beziehung oder Affäre mit ihren Kollegen eingegangen. Am Tatort haben sich die TV-Ermittler außerdem zweimal auf ein Liebesabenteuer mit dem Verdächtigen eingelassen.
In der „Tatort“-Familie gibt es so gut wie keine Kinder. Oder wie es Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) mal sagte: „Bulle und Familie zusammen geht nicht.“Nur knapp jeder dritte Ermittler hat ein Kind, 13 Prozent haben zwei. Mit durchschnittlich 0,57 Kindern pro Kopf liegen die Ermittler weit hinter dem deutschen Schnit (1,59 Kinder). Und ausgerechnet solch ein Raubein wie Til Schweigers Figur Nick Tschiller sorgt sich in den Folgen sehr um Tochter Lenny, die auch zwischen die Fronten gerät. Die Berlinerin Nina Rubin (Meret Becker) ist (noch) verheiratet und hat zwei Kinder, die Bremerin Inga Lürsen (Sabine Postel) ist geschieden und hat eine Tochter.
Mit knapp 96 Prozent ist die große Mehrheit der Kommissare heterosexuell. Nur zwei Kommissare outeten sich als bisexuell, Robert Karow (Berlin) und Kommissarin Liz Ritschard (Luzern). Keiner lebt in einer homosexuellen Beziehung. „Die Realität spiegelt das nicht wider, denn laut Statista lieben fünf Prozent der Deutschen gleichgeschlechtlich“, sagt Boettcher.
Trennung ist immer ein Thema in der Krimireihe: Rund 59 Prozent aller Ehen sind dort geschieden. Das sind 19 Prozent mehr als im deutschen Durchschnitt (39,6 Prozent). Kiels Ermittler Klaus Borowski (Axel Millberg) wurde zum Beispiel auch von seiner Frau verlassen und telefoniert ab und zu mit seiner mittlerweile erwachsenen Tochter. Lediglich vier Kommissare sind noch verheiratet – das sind Rubin (in einer sehr kriselnden Beziehung), Schenk, Martina Bönisch (Dortmund) und Franziska Tobler (Schwarzwald). Aber was heißt schon verheiratet? Bönisch ließ sich auch schon mal einen Callboy ins Hotel kommen. Ein Kommissar ist verwitwet: Der Dortmunder Kommissar Faber verlor bei einem Auto-Unfall Frau und Kind. Das Trauma lässt grüßen.