Ein Geschmack aus der Kindheit
Karl-Leo Gerighausen hat mit Milchproduktion eine regionale Nische entdeckt und zeigt, dass ökologische Gedanken marktfähig sind.
MYHL Von außen ist nicht viel zu erkennen. Der Hof von Landwirt KarlLeo Gerighausen wirkt wie ein ganz gewöhnlicher Landwirtschaftsbetrieb. Doch hinter den Mauern hat sich einer aufgemacht, sein Leben mit viel Verantwortungsgefühl selbst in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten.
Als Nebenerwerbslandwirt hatte der Vater von Karl-Leo den Hof von den Eltern übernommen. Er selbst verdiente sein Geld auf der Zeche und später am Flughafen Wildenrath. Und er bezahlte mit seiner Gesundheit. Beim Tod vom Vater war Karl-Leo gerade mal 17 Jahre jung. Der Junge hatte sich wohl immer für die Landwirtschaft interessiert, aber er hatte auch Träume gehabt.
„Meine Geschwister haben mich sehr unterstützt in der Anfangszeit“, kann er heute lächelnd erzählen. Nicht mal einen Führerschein konnte er vorweisen, als er im Eilverfahren die Ausbildung zum Landwirt-Mechaniker begann. Der Benjamin in der Familie wurde zum Landwirt. Sein Vorteil dabei: „Die Schule fiel mir sehr leicht. Ich hatte nie Probleme beim Lernen.“
So konnte Landwirt Gerighausen eine Ausbildung ohne Lehrvertrag absolvieren, Praxis war daheim reichlich vorhanden. Und auch die anschließende Vollzeitschule zum Landwirt verlief ohne Probleme. Die Verantwortung für den Hof und die Mutter lastete auf jungen Schultern. Kein Wunder, dass es mit 19 Jahren an der Zeit war, dass Karl-Leo das erste Mal raus kam.
Und prompt seine Liebe fand. Ehefrau Petra kam auch vom Bauernhof,
ihr Vater hätte es gern gesehen, wenn Karl-Leo zu ihm gewechselt hätte. Der allerdings hatte inzwischen längst seinen eigenen Kopf. Die erste Mehrzweckhalle entstand 1987, 1990 folgte ein neuer Kuhstall, 1997 eine Kartoffelhalle. Gegen den erbitterten Widerstand im Wassenberger Rathaus setzte Karl-Leo den Neubau eines weiteren Kuhstalls durch, der 2005 fertig wurde.
Denn der Landwirt hatte von Anfang an auf Kühe gesetzt. Rüben, Getreide, Mais und Kartoffeln gehören auch zum Sortiment, die Milch war für die Familie Gerighausen jedoch immer das Maß aller Dinge. „Ich habe mein Lebtag immer gemolken“, bekennt er. „Das brauche ich zur Entspannung.“Waren es anfangs gerade mal sieben Kühe, wuchs die Herde auf inzwischen 90 Tiere. Und damit wuchsen auch die Probleme und Gefahren für einen solchen Betrieb.
Die letzte Milchkrise zwang Gerighausen zu einer grundsätzlichen Entscheidung. Seitens der Verbände wurde den Landwirten geraten, mehr Milch zu produzieren, um den Gewinn aufrechtzuerhalten. „Was für ein Blödsinn“, sagt Gerighausen. „Ich habe früh gelernt, nicht das nachzumachen, was andere machen.“Eine Betriebsübernahme eröffnete einen anderen Weg. Denn die damit verbundene Versorgung von Kindergärten und Schulen mit Milch bot für den Familienbetrieb die Chance, seine Milch nur pasteurisiert anzubieten. Damit werden nur die Keime durch Hitze getötet, die Struktur der Milch bleibt erhalten. Und mit ihr der volle Geschmack.
Als im Herbst 2015 ein Lebensmitteldiscounter diese Milch probierte, war der Durchbruch zur Vermarktung der gesunden Milch geschafft. Inzwischen stehen in der Region in den Regalen die Flaschen mit der Milch, daneben reihen sich verschiedene Joghurts, die ebenfalls vom Landwirt stammen. „Ich hätte das nicht begonnen, wenn mein Sohn Hendrik nicht mitgezogen hätte“, stellt Karl-Leo klar. Eine ökologische Produktionsweise hat inzwischen einen festen Platz in den Köpfen der Familienmitglieder. Deshalb steht Landwirt Gerighausen auch klar zur Stallhaltung seiner Tiere. „Im Stall können sie sich völlig frei bewegen und werden mit gentechnikfreien Futtermitteln ernährt.“Wollte er die Tiere auf die Weide schicken, müsste er über deutlich größere Flächen verfügen. In dieser Region ein Wunschdenken.
Nachahmer gibt es allerdings kaum. „Die Kollegen ziehen vor mir den Hut, aber tauschen will keiner“, lacht Karl-Leo. Denn Urlaub und verreisen sind für ihn Fremdworte. „Ich bin 365 Tage im Jahr für meine Tiere da, das ist mein Leben.“