. . . wie braun sind deine Blätter
Trockenheit und Hitze sorgen auch für massive Schäden beim Anbau von Weihnachtsbäumen. Speziell viele junge Tannen sind bereits dauerhaft geschädigt. Deswegen greifen die Bauern zu drastischen Maßnahmen.
„Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter. Du grünst nicht nur zur Sommerzeit, nein auch im Winter, wenn es schneit.“
RADEVORMWALD Mit dem Weihnachtslied hat Lothar Kirschsiepers Realität nicht mehr viel zu tun. Denn auf den 52 Hektar voller Tannenbäume, die der Landwirt aus Radevormwald bewirtschaftet, sieht man eine Farbe immer häufiger: braun.
Und schon jetzt ist klar: Dieses Jahr wird seine Spuren hinterlassen. Auf dem Hof von Lothar Kirschsieper, aber auch bei all den anderen Landwirten, die sich das ganze Jahr mit Weihnachtsbäumen beschäftigen. Die Hitze macht ihnen allen zu schaffen.
„Ich musste zum ersten Mal wässern“, sagt Kirschsieper. Auf dem Anhänger fahren sie bei „KiRa Weihnachtsbäume“Tausend-Liter-Tanks, aus deren Schläuchen Wasser läuft, über die Felder mit den erst im Frühjahr gesetzten Jungpflanzen. „Die verrecken sonst, weil sie noch kein richtiges Wurzelsystem haben“, sagt Kirschsieper.
Und dennoch werden es viele nicht schaffen. Kirschsieper rechnet damit, dass jede zweite Jungpflanze eingehen wird. In anderen Regionen sieht es noch schlimmer aus. „Aus den ostdeutschen Bundesländern, aber auch aus Norddeutschland erreichen uns Meldungen, wonach die Neuanpflanzungen zu 100 Prozent vertrocknet sind“, sagte Martin Rometsch vom Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger (BVWE). Davon dürften Millionen dieser drei- bis vierjährigen Bäumchen in Hunderten Betrieben betroffen sein.
Ältere Bäume sind widerstandsfähiger, doch auch hier könnten die ersten bald wegen der anhaltenden Trockenheit ihre sattgrüne Farbe verlieren. Die lange Dürreperiode im Sommer hat viele Pflanzen in den Schonungen bereits derart geschädigt, dass makellose Exemplare wohl zur Mangelware werden.
Waldbauer Eberhard Hennecke aus Sundern beobachtet bereits, dass viele der in diesem Jahr erntereifen älteren Bäume bereits deutliche Trockenheitsschäden zeigen. Bäume hätten einen Teil ihrer Nadeln verloren und seien in der Farbe bereits gelblicher geworden, sagte Hennecke, der Vorsitzender der Fachgruppe der Weihnachtsbaumund Schnittgrünerzeuger im Landesverband Gartenbau NRW ist.
Fraglich sei, ob die Bäume überhaupt noch verkauft werden könnten. „Wenn es in den nächsten Wochen nicht sehr viel regnet, wird es dramatisch“, meinte er. „Wir schreien nach Regen.“Eine Bewässerung der Bestände oder eine Düngung der geschädigten Bäume sei derzeit nicht möglich, so dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich die Pflanzen wieder vollständig erholten. Verbraucher müssten daher mit einem geringeren Angebot an Weihnachtsbäumen und deutlichen Qualitätseinbußen rechnen.
Regen war auch in Radevormwald Mangelware. 40 Millimeter Niederschlag habe es vor knapp einer Woche gegeben, sagt Kirschsieper: „Wenigstens etwas.“Preiserhöhungen plant er jedoch noch nicht, obwohl auch in seinem Betrieb die Kosten
gestiegen sind. Das Bewässern kostet Zeit und Geld, einem Mitarbeiter musste Kirschsiepen den Urlaub streichen.
Auswirkungen auf die diesjährige Ernte gibt es nach Ansicht von Martin Rometsch bislang noch nicht, da die Nordmanntanne mindestens zehn Jahre gehegt und gepflegt wird, bevor sie geschlagen wird und als Weihnachtsbaum in den Verkauf gelangt. In acht bis zehn Jahren aber könnte es Engpässe beim Angebot geben. „Die Auswirkungen der diesjährigen Trockenheit werden wir dann in der Branche merken“, sagt Rometsch. Es sei nicht sicher, ob alle vertrockneten Jungbäume rechtzeitig und in vollem Umfang durch frische Pflanzen ersetzt werden können.
Im vergangenen Jahr kostete eine Nordmanntanne pro Meter zwischen etwa 18 und 23 Euro. Kirschsieper hofft, dass es so bleiben kann: „Irgendwann wird es auch mal wieder Regen geben.“