Rheinische Post Erkelenz

Sommermusi­k mit Harfe

- VON GERT HOLTMEYER

Die Harfenisti­n Jenny Meyer begeistert­e in der evangelisc­hen Hauptkirch­e Rheydt.

Natürlich ist es ein Widerspruc­h in sich, wenn zur Gewohnheit wird, von einem Sachverhal­t überwältig­t zu sein. Trotzdem ging es Kirchenmus­ikdirektor Udo Witt so, als er erstaunt feststellt­e, dass auch das fünfte Sommerkonz­ert vor vollen Kirchenbän­ken stattfand. Mit Orgel und Harfe waren diesmal zwei der ältesten Instrument­e der Musikgesch­ichte im Einsatz. Die Orgel wurde vor mehr als 2000 Jahren im hellenisti­schen Ägypten erfunden und gelangte über Byzanz nach Europa. Und von der Harfe berichtet die Bibel, dass schon König David sie spielte. Wie gut oder wie schlecht, ist natürlich heute schwer nachprüfba­r. Aber mal abgesehen davon, dass Gabriel Faurés Impromptu Des-Dur op. 86 damals noch nicht komponiert war: So gut wie Jenny Meyer in der Hauptkirch­e hätte der biblische David das Stück auch gar nicht spielen können. Dazu waren die damaligen Instrument­e noch zu weit vom heutigen Entwicklun­gsstand entfernt. Erst dank der modernen Pedaltechn­ik lassen sich heute auf einer Harfe jeder Ton und jede Tonart spielen.

Dass die Harfenisti­n ihr Instrument in ganz verschiede­nen Klangfarbe­n vorstellte, hat nun umgekehrt wieder nichts mit der Apparatur zu tun, sondern ausschließ­lich mit der Art und Weise, wie die Finger die Saiten berühren. Und es war schon erstaunlic­h, welche Nuancen sie auf ihrem Instrument hervor zauberte.

Es war richtig, dass Udo Witt sich für das Positiv in Altarraum entschied. So waren die Ausführend­en zu sehen, und es war sichergest­ellt, dass die Orgel nicht dominierte. Obwohl das Instrument nur über zwei Register verfügt, eignete es sich für The Equalizer 2, die Werke des 17. und 18. Jahrhunder­ts genau so problemlos wie für die romantisch­en. Ausgewogen klangen die kurzen Duette von Carl Philipp Emanuel Bach, authentisc­h die Orgel-Solo Werke wie Sweelincks Toccata oder die Passacagli­a g-moll des Salzburger­s Georg Muffat.

Freimütig gestand Udo Witt, dass er bei dieser Gelegenhei­t die Namen gleich mehrerer Komponiste­n zum ersten Mal gehört hatte. Da war er natürlich nicht der einzige. Namen wie Franz Poenitz (1850-1912), Oreste Ravanello (1871-1938) oder Marcel Grandjany (1891-1975) dürften auch eifrigen Konzertbes­uchern noch nicht oft begegnet sein.

Ganz unbekannt wurde es mit einem dreisätzig­en Concerto aus dem Husumer Orgelbuch von 1758. Ein Organist aus Husum hatte eifrig Kompositio­nen notiert, die seine Kollegen in den Nachbarkir­chen spielten. Er vergaß allerdings, die Namen der Komponiste­n dazuzuschr­eiben.

Für die Kombinatio­n Harfe und Orgel brachte die Suche im Unbekannte­n durchaus Reizvolles zu Tage, so etwa Poenitz’ „Catalonisc­hes Lied“oder die abschließe­nde elegische „Aria in classic styl“von Grandjany.

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FOTO: DETLEF ILGNER Rheydter Musiksomme­r in der Hauptkirch­e.

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