USA: Alle Bischöfe zum Rücktritt aufgefordert
WASHINGTON (kna) In den USA sorgt der Missbrauchsskandal für eine Debatte um die Strukturen in der katholischen Kirche. Rund 140 Theologen und Laien forderten die Bischöfe des Landes in einer Erklärung auf, dem Papst geschlossen ihren Rücktritt anzubieten. Das Versagen im Umgang mit dem Missbrauch durch Priester erfordere einen kollektiven Amtsverzicht „als öffentlichen Akt der Reue und des Bedauerns vor Gott und dem Volk Gottes“.
Als Vorbild verweisen die Unterzeichner auf Chile, wo im Mai fast der gesamte Episkopat wegen eines ähnlich weitreichenden Skandals den Rücktritt angeboten hatte. „Systemische Sünde“könne nicht durch individuellen guten Willen beendet werden, so die auf Englisch und Spanisch verfasste Erklärung. „Die von ihr verursachten Wunden werden nicht geheilt durch Erklärungen, interne Untersuchungen oder PR-Kampagnen, sondern eher durch kollektive Verantwortlichkeit, Transparenz und das Aussprechen der Wahrheit.“
Der US-amerikanische Jesuit James Martin schrieb auf Twitter, alle US-Diözesen sollten ihre Akten zum Thema Missbrauch offenlegen. „Man stelle sich vor, einer geht zur Beichte und sagt dem Priester: ‚Ich beichte nur die Sünden, die ich gezwungen bin zu beichten‘“.
Der kirchliche Kinderschutzexperte Hans Zollner betonte in Interviews mit der italienischen Zeitung „La Stampa“und dem Portal VaticanNews, gegen den Missbrauch Minderjähriger brauche es nicht nur Gesetze, sondern auch einen Mentalitätswandel in der Kirche. Zu lange habe es „eine Kultur der Vertuschung, der Negierung und des Schweigens“gegeben, so der deutsche Jesuit, der das Kinderschutzzentrum an der Päpstlichen Universität Gregoriana leitet. Der jüngste Bericht aus den USA zeige auch, dass seit Einführung präziser Verfahrensregeln durch die Bischöfe im Jahr 2002 die Zahl der Fälle drastisch gesunken sei. Der Bericht der staatlichen Jury zum Missbrauch in sechs Bistümern beschuldigt rund 300 zumeist verstorbene Priester, in den vergangenen 70 Jahren mindestens 1000 Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben.