Rheinische Post Erkelenz

In Sambia zwei Kulturen kennengele­rnt

Tag 22 nach der Rückkehr: Charleen Kovac aus Lövenich arbeitete während eines FSJ in einer HIV-Klinik.

- VON CHARLEEN KOVAC

LÖVENICH 22 Tage ist es nun her, dass ich in Düsseldorf gelandet bin. Die Hitzewelle, die mich beim Aussteigen aus dem Flugzeug empfangen hat, gab mir ein mulmiges Gefühl: Bin ich wirklich in Deutschlan­d gelandet? Doch allein die Aussicht aus den Fenstern des Flugzeuges hat mir deutlich gemacht, dass ich wirklich wieder zu Hause bin. Weit und breit waren überall Felder zu sehen, auf denen die Kartoffeln geerntet werden, die ich in diesem Jahr so vermisst habe. Vieles habe ich vermisst – meine Familie, meine Freunde, das deutsche Brot und zugegeben auch das deutsche Bier. Trotz all den Kleinigkei­ten, die ich während des Jahres vermisst habe, fehlt mir dagegen seit meiner Ankunft hier etwas ganz anderes: meine sambische Familie.

Es ist noch keinen Monat her, dass ich in Sambia war. Trotzdem fühlt es sich an, als wäre ich nie dort gewesen. Als wäre das ganze vergangene Jahr ein verrückter Traum gewesen. Denn genau wie im Traum ist auch Sambia eine ganz andere Welt.

An meinem letzten Tag in der Gastfamili­e hatten wir ein schönes Abschlusse­ssen. Es gab eine Torte, und als es hieß „Abschied nehmen“haben sich meine Augen in zwei Wasserfäll­e verwandelt. Ich konnte nicht aufhören zu weinen, weil ich wusste, dass es lange dauern wird, bis ich meine sambische Familie das nächste Mal wiedersehe. Auch wenn ich während des Freiwillig­en Sozialen Jahres so weit von Deutschlan­d entfernt war, habe ich das Gefühl, währenddes­sen auch die deutsche Kultur besser kennengele­rnt zu haben. Vorher habe ich es als selbstvers­tändlich empfunden, dass wir unseren Müll trennen, dass wir nur eine Landesspra­che sprechen und der Schulbesuc­h kostenlos ist. Traditione­n wie der Kölner Karneval, Brezeln essen auf dem Oktoberfes­t und Maiherzen haben mir gefehlt.

Empfangen wurde ich am Flughafen von meiner Mutter und Freunden, ausgerüste­t mit einem „Luumuno“-Banner und Zebra-Luftballon. Ich erinnere mich schon jetzt gerne an diesen Tag zurück. Auch wenn ich

an dem Tag meine sambische Familie verlassen habe, bin ich glücklich, wieder bei meiner deutschen Familie zu sein.

Der Kulturscho­ck ist überwunden, trotzdem sehne ich mich hin und wieder nach der sambischen Gelassenhe­it zurück und meinem Zuhause dort, das niemals leer war. Bevor bald das Studium beginnt, werde ich die restliche Zeit noch mit meinen Freunden genießen und freue mich jetzt schon auf das nächste Mal, wenn ich meine Familie in Sambia besuchen werde.

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FOTO: KOVAC Wie in einem verrückten Traum fühlte sich Charleen Kovac während ihres Jahres in Sambia. Das Bild zeigt die sambische Hauptstadt Lusaka.
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FOTO: KOVAC Charleen Kovac beim Abschied von ihrer Gastschwes­ter Sylvia.

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