Differenzieren
Bedrohungen nicht gewohnt. Außerdem sind wir nicht allein und unsere Nachbarn haben teils weit von uns abweichende Vorstellungen. Vor allem mit Blick auf die islamischen Zuwanderer sollten wir erkennen: Religion ist für sehr viele von uns nur noch Brauchtum, für die Muslime dagegen Gottes Gebot. Sind wir sicher, dass es keine Religionskriege in Europa geben kann? Wir haben dem Nationalismus nach zwei verlorenen Weltkriegen abgeschworen. Seit vielen Jahren nehmen wir nationalistische Volksgruppen auf, über die wir eigentlich fast nichts wissen (Kurden, Kaukasier, Afghanen). Und – vielleicht mittelfristig das größte Problem – zu viele unserer ‚Deutsch-Türken‘ in der dritten Generation unterliegen dem Einfluss der AKP und deren staatlicher Religionsbehörde. Fazit: So lange wir es noch schaffen, sollten wir nach dem Motto ‚Fordern und Fördern‘ die Zuwanderer etwas besser an die Kandare nehmen. Und was die Ergebnisse betrifft: immer realistisch bleiben! Syrische Ärzte und Ingenieure sind bisher nicht viele gekommen. In den letzten Monaten habe ich mich öfters bei dem Gefühl erwischt, ob wir nicht von den Muslimen verdrängt werden hier in Deutschland, da mir viele von ihnen auf der Straße begegneten, viel mehr als früher. Mir wurde klar, dass ich dieses Gefühl nicht habe, wenn ich z.B. Japaner, Engländer, Spanier, Italiener oder Griechen sehe. Ich möchte diesem Empfinden eine gegenteilige Erfahrung aus jüngster Zeit entgegenstellen: Vor wenigen Wochen wurde ich mit meinen Vorurteilen konfrontiert: Ich bin als Ärztin tätig; eine junge Krankenschwester trat in unserer psychiatrischen Abteilung ihren Vertretungsdienst an; sie war Muslimin und trug Kopftuch; sie war sehr zurückhaltend. Ich dachte : Naja, muss das sein? Und spürte unangenehm meine Vorurteile. Heute, nach näherem Kennenlernen im Arbeitskontext sage ich: Ich bin begeistert von ihrer authentischen Art, ihrem feinfühligen Auftreten gegenüber Patienten und Team, von ihrer tollen Ausdrucksweise, sodass ich sie jetzt am liebsten dauerhaft in unserer Abteilung behalten möchte. Mein vorläufiges Fazit: Allen Chancen geben und wissen, dass es unter Deutschen wie auch anderen Nationalitäten wunderbare Menschen gibt, aber eben auch Verbrecher oder schlechte Charaktere. Also differenzieren! Und anstreben, dass wir den zur Intoleranz und Bestimmermentalität neigenden Gestalten egal welcher Nationalität als Gemeinschaft klar kommunizieren, „mit uns nicht, so könnt ihr hier nicht auftreten, das wollen wir so nicht!“