Bass statt Hass
Zehntausende tanzen und feiern beim Gratiskonzert eine Woche nach den rechtsextremistischen Ausschreitungen. Doch nach der Instrumentalisierung durch die Rechten zieren sich nun auch die Linken nicht.
nicht die Welt retten“, sagt Felix Brummer von der Chemnitzer Band Kraftklub, die vor einer Woche die Initiative für dieses Konzert ergriff. Er habe vor zwei Wochen schon in Chemnitz gewohnt und werde das auch noch tun, wenn die Kameras wieder weg seien. „Aber manchmal ist es wichtig, dass man nicht allein ist“, sagt er und ruft „Vielen Dank“in die Menge, die nach Angaben der Stadt auf 50.000 angewachsen ist. Dicht gedrängt stehen sie am Abend auch auf der achtspurigen „Straße zum Samstag“, zu Hunderten verfolgen sie das Geschehen von der Dachetage eines Parkhauses. Und auch auf der Außentreppe eines gegenüberliegenden Hochhauses stehen und tanzen auf jeder der 14 Etagen viele Menschen.
Tausende singen bei Kraftklub mit, wenn sie über die „Verlierer“texten, die in Karl-Marx-Stadt geboren seien. Aber zum Schluss gibt es den Erfolgssong „Songs für Liam“. „Wenn du mich küsst“, heißt es im Refrain. Ein Pärchen am Rande des Platzes nimmt das wörtlich. Und ist sich anschließend sicher, dass es noch in vielen Jahren davon sprechen wird, an diesem ganz besonderen Abend dabei gewesen zu sein. Das hat Rapper Marteria schon am Nachmittag geahnt. Dieses Ereignis werde in die deutsche Musikgeschichte eingehen, sagte er.
Was sonst bleibt von diesem Abend wird die Nacht zeigen. Konsequent haben Stadtverwaltung und Polizei alle von Rechten geplanten Aufmärsche und jede noch so spontane Kundgebung untersagt. Einzig am Tatort unweit des Konzertortes braut sich kurz etwas zusammen, als erkennbar Rechte und erkennbar Linke sich unter die Trauernden mischen. Die Polizei geht dazwischen. Und noch während die letzten Lieder erklingen, fahren neue Einsatzfahrzeuge heran, springen Polizisten mit Helm und Schutzweste heraus, um den Platz zu sichern. Für sie ist die Nacht noch lange nicht vorbei.