Tosender Applaus für „Terror“
Die drei Aufführungen des Kammerspiels „Terror“überzeugten in Schwanenberg auf ganzer Linie. Die sechs jungen Schauspieler wurden mit Ovationen für ihr präzises Spiel belohnt.
SCHWANENBERG Mit drei äußerst erfolgreichen Vorstellungen des Gerichtsschauspiels „Terror“von Ferdinand von Schirach geht die diesjährige Auflage des Jugendtheaterprojektes der Evangelischen Kirchengemeinde Schwanenberg zu Ende. Auch das elfte Stück unter der Leitung und Regie von Pfarrer Robin Banerjee begeisterte das Publikum in der mehrfach brechend vollen Schwanenberger Mehrzweckhalle – nicht nur durch das grandiose Spiel der jungen Schauspieler, sondern auch durch die hohe Brisanz dieses aktuellen Themas.
Darf Leben gegen Leben aufgewogen werden? Darf Moral in Einzelfällen über der Verfassung stehen? Diese Fragen bilden den Kern der gezeigten Gerichtsverhandlung. Der Kampfpilot Lars Koch (Chris Szepan) wird des Mordes in 164 Fällen angeklagt – er schoss ein von Terroristen gekapertes Passagierflugzeug ab, welches auf ein mit 70.000 Menschen gefülltes Stadion zuhielt, und tötete dadurch die Insassen des Fliegers. Staatsanwältin Nelson ( Valerie Wilms), Kochs Verteidiger Biegler ( Jan Wilms) sowie der in den Zeugenstand berufene Oberstleutnant ( Tom Finck) und die durch den Vorfall verwitwete Nebenklägerin Meiser (Denisa Bünten) klären die genauen Umstände des Unglücks auf und diskutieren über philosophische Ansichten und die Tragweite von Gesetz oder Moral angesichts solcher Ausnahmesituationen. Warum schoss der Major, obwohl ausdrücklich kein Schießbefehl vorlag? Warum wurde nicht die Räumung des Stadions veranlasst? Wären die Passagiere vielleicht ins Cockpit gelangt und hätten den Absturz verhindern können, wenn man ihnen nur mehr Zeit gelassen hätte? Ist die Verfassung der einzige Weg, um in Zeiten des Terrors als freie Gesellschaft zu überleben, oder macht sie uns verwundbar, indem sie Unschuldige zum Schutzschild für Terroristen macht?
Das Stück wurde nach den langen Schlussplädoyers unterbrochen, um den Zuschauern als Schöffen die Möglichkeit zu geben, über Kartenabrisse und Wahlurnen ein Urteil über den Angeklagten zu fällen, welches die Richterin (Sophie von Krüchten) im Anschluss verkündete. Wie in den vorangegangenen Vorstellungen am Freitag und Samstag stimmte das Schwanenberger Publikum auch am Sonntag mehrheitlich für die Freisprechung von Lars Koch.
Besonders zu würdigen sind an vorderster Front die außerordentlichen Leistungen der sechs Konfirmanden auf der Bühne. Ihr reges, ausdrucksstarkes und reifes Spiel hauchte dem recht statischen Wortkrimi genau die richtige Glaubwürdigkeit und Intensität ein. Doch auch die gewissenhafte Vorbereitung der Gruppe auf das Stück und ihre Rollen sucht unter ähnlichen Projekten ihresgleichen: Neben einer Besichtigung des Fliegerhorsts in Nörvenich gehörte auch ein Ausflug ins Amtsgericht
Mönchengladbach dazu. Für die drei Aufführungen wurden dank einer Sondergenehmigung zwei originale Uniformen der Bundeswehr für Chris Szepan und Tom Finck erworben; der im Bühnenbild dargestellte Gerichtssaal wurde, genau wie die Bühne des Jubiläumsstückes „Anders glauben“, von Dieter Brunn und der Firma „image construction“konstruiert und gebaut. Das Programmheft wurde gewitzt und liebevoll als Ausgabe der „Schwanenberger Post“gestaltet und klärte das Publikum über den Inhalt des Stückes, alle Akteure vor und hinter den Kulissen sowie die Probenarbeiten auf. Die sechs Schauspieler und das gesamte Team sorgten wiederholt für spannende Unterhaltung – und dafür, dass das Publikum den Saal nachdenklich verließ.