Städte schützen sich per Poller
Vor der Weihnachtsmarktsaison rüsten sich die Veranstalter gegen Terror.
BERLIN Die Städte bereiten sich auf eine erneute Absicherung vieler Weihnachtsmärkte vor. Knapp zwei Jahre nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz haben die Veranstalter die Schutzvorkehrungen verstetigt. Ende 2016 hatte die Terrorfahrt eines Islamisten mit einem entführten Truck zwölf Tote und rund 100 Verletzte gefordert. Seither werden ähnliche Veranstaltungen mit Pollern abgesichert. Inzwischen steht den Veranstaltern mehr Expertise zur Verfügung.
Ein Umsatzwachstum von 30 bis 40 Prozent jährlich schätzt Michael Braun, der sich mit seiner niedersächsischen Happy-to-haveGmbH auf versenkbare Stahlpoller spezialisiert hat. Wo aus Autohäusern nachts Luxuskarossen gestohlen oder Einkaufszentren nach Geschäftsschluss von Banden mit Lkw heimgesucht würden, rechne sich die Investition sehr schnell. Aber auch der Anti-Terror-Bereich spielt für sein Unternehmen nach wie vor eine große Rolle. Seine jüngste Absicherung gegen Anschläge gilt der Reeperbahn in Hamburg. „Zu Hunderten“decken sich nach seiner Beobachtung Städte und Veranstalter mit Pollern ein. Zu den Tüftlern der Branche gehört auch Jürgen Beck. Er hat mit seiner saarländischen „Becks Steinzeit“-Firma eine Lösung für ein schwerwiegendes Problem entwickelt: Betonpoller hindern Terroristen zwar daran, mit einem Fahrzeug ein Blutbad anzurichten, allerdings verhindern sie auch, dass Krankenwagen schnell zu einem möglichen Unfall auf dem abgesicherten Gelände kommen können. Beck ersetzte deshalb die stationären Betonblöcke durch solche, die auf einer fahrbaren Hydraulik stehen. Obwohl sie vier Tonnen wiegen, können sie auf Knopfdruck binnen acht Sekunden beiseite gefahren werden.
An die 1000 Betonpoller hat er im vergangenen Jahr am Rand von Volksfesten abgestellt und wieder abgeholt. In diesem Jahr gebe es den Trend, dass die Städte die Terrorschutz-Vorrichtung nicht mieten, sondern kaufen und bis zum nächsten Fest selbst mit Sattelschleppern auf den Bauhof fahren.
Nach einem intensiven Test der verschiedenen Schutzsysteme hat die Polizei für den internen Gebrauch nun eine detaillierte Übersicht, welche Poller bis zu welcher Geschwindigkeit binnen wie viel Metern Pkw oder Lkw zum Stehen bringen. Daraus können die Veranstalter dann für jeden Einzelfall ablesen, an welcher Stelle sie wie viele Poller aufstellen müssen. Aus Crashtests habe die Branche auch gelernt, berichtet Beck. So stünden die Betonpoller nun auf Antirutschmatten, böten durch seitlich versetztes Aufstellen und zusätzliches Aufstapeln deutlich bessere Widerstände als zunächst vermutet.