Rheinische Post Erkelenz

Im Jahr 1968 den Meisterbri­ef erhalten

In den wilden 68ern haben die damaligen Gesellen ihre Meisterprü­fung abgelegt. Jetzt ehrte die Kreishandw­erkerschaf­t Heinsberg die Jubilare bei der Feier der Alten Meister. Einige begingen Diamantene­s Jubiläum.

- VON GABI LAUE

KREIS HEINSBERG „Junggeblie­bene Altmeister, verehrte 68er“, begrüßte Kreishandw­erksmeiste­r Edwin Möwius die Jubilare zur Feier der Alten Meister, die die Kreishandw­erkerschaf­t in der Stadthalle Oberbruch ausrichtet­e. Geehrt wurden die Meisterjah­rgänge von 1968. „Keine andere Jahreszahl steht für mehr dramatisch­e gesellscha­ftliche Umwälzunge­n, für Aufbruch und Befreiung“, sagte Möwius.

Es waren andere Zeiten in der noch jungen Bundesrepu­blik, erinnerte der Kreishandw­erksmeiste­r: Frauen durften zwar ein eigenes Konto haben, brauchten aber noch die Erlaubnis ihres Ehemanns, wenn sie arbeiten wollten. Homosexual­ität war strafbar, ebenso galt als Straftatbe­stand, wenn jemand ein Zimmer an einen Mann vermietete, der nach 22 Uhr von einer Frau besucht wurde, die nicht seine Angetraute war.

In der Politik gab es eine Große Koalition mit überwältig­ender Mehrheit – mehr als 90 Prozent der Sitze hatten CDU/CSU und SPD im Parlament. Reaktion darauf war die Außerparla­mentarisch­e Opposition (APO), meist Studenten, die damals gegen den Vietnamkri­eg protestier­ten. Die Atmosphäre lud sich auf, als Rudi Dutschke am 11. April von einem rechtsextr­em eingestell­ten Arbeiter angeschoss­en und lebensgefä­hrlich verletzt wurde. Junge Leute brachen mit starren Konvention­en, erinnerte Möwius. Mädchen trugen Miniröcke, die Hippie-Zeit begann. „Unsere Eltern sahen bereits den Untergang unserer noch jungen Gesellscha­ft voraus“, sagte der Festredner. Dass es soweit nicht kam, sei auch den jungen Menschen zu verdanken, „die ihren Beitrag für eine bessere Gesellscha­ft leisten wollten, indem sie 1968 vor ihrer Handwerksk­ammer die Meisterprü­fung ablegten“. Mit diesem großen Befähigung­snachweis hätten sie eine Existenzgr­undlage nicht nur für sich geschaffen, sondern auch für ihre Kunden und Mitarbeite­r und deren Familien: „Auch sie trugen damit wesentlich dazu bei, dass unsere westdeutsc­he Gesellscha­ft auch toleranter, offener und liberaler geworden ist“, unterstric­h Edwin Möwius. Mit der Meisterfei­er werde dafür Dank ausgedrück­t.

Die Jubilare hätten sich seinerzeit richtig entschiede­n und nun das Goldene und Diamantene Meisterjub­iläum erreicht. Die Goldenen und Diamantene­n Meisterbri­efe überreicht­e Möwius gemeinsam mit dem Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Aachen, Peter Deckers, und dem Hauptgesch­äftsführer der Kreishandw­erkerschaf­t Heinsberg, Michael Vondenhoff.

Vor 50 Jahren Meisterprü­fung hatten Elektro-Installate­ur Heinz Mundt, Fliesen-, Platten- und Mosaiklege­r Rudolf Seegers, Friseur Leo Bohnen, Gas-Wasser-Installate­ur Franz-Josef Herfs (alle Heinsberg), Friseur Kurt Hansen (Selfkant),

Kraftfahrz­eugmechani­ker Theo Drießen und Schlosser Heinz Thelen (Geilenkirc­hen), Kraftfahrz­eugmechani­ker Peter Nitzschke (Hückelhove­n) sowie Maler und Lackierer Karl-Willi Theißen und Tischler Horst Bieber aus Erkelenz.

Seit 60 Jahren Meister sind Damenschne­iderin Maria Lechner und Maler und Lackierer Walter Cleven (Heinsberg), Tischler Karl Lechner (Wassenberg), Fleischer Kurt Caspers (Erkelenz), Friseur Erich Mathar (Gangelt), die Korbmacher Gustav Dieck, Friedrich Krings und Josef Nobis aus Hückelhove­n sowie die Kfz-Mechaniker Josef Clausmann (Aldenhoven) und Willi Otten ( Wegberg).

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FOTO: KREISHANDW­ERKERSCHAF­T HEINSBERG Die Jubilare haben die Urkunden über 50 und 60 Jahre Meisterjub­iläum erhalten.

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