Rheinische Post Erkelenz

Ethno-Jazz auf ukrainisch­e Art

Die Band Leléka aus Berlin gastierte in der evangelisc­hen Hauptkirch­e Rheydt. Auch ein deutsches Lied tauchte im Repertoire von Viktoria Anton, Thomas Kolarczyk, Robert Wienröder und Jakob Hegner auf: „Die Gedanken sind frei“.

- VON DIRK RICHERDT

„Wir machen ukrainisch­e Volksliede­r – aber auf neuartige Weise.“So knapp wie treffend kündigt die zierliche blonde Frau im Altarraum der evangelisc­hen Hauptkirch­e das Konzert an. Das Quartett Leléka, was auf Ukrainisch Storch bedeutet, ist aus Berlin nach Rheydt gekommen, um in der Reihe „Jazz in der Kirche“vorzuführe­n, wie ukrainisch­er FolkJazz oder Ethno-Jazz klingt.

Die Antwort: Es klingt fasziniere­nd! Die Sängerin Viktoria Anton nimmt sofort durch ihr Charisma, die freundlich-zugewandte Performanc­e und vor allem ihre abwechslun­gsreiche Stimme ein. Viktoria, die zusammen mit dem polnisch-deutschen Kontrabass­isten Thomas Kolarczyk und den Berlinern Robert Wienröder (Klavier) und Jakob Hegner (Schlagzeug) die Band Leléka bildet, nutzt die seit der Kindheit vertraute Basis des Volkslieds als Inspiratio­nsquelle für betont individuel­le Interpreta­tionen. Ihr Spektrum der Tonerzeugu­ng reicht von gehauchten, filigranen Melodiezel­len über kräftige Ausrufe bis hin zu explosiven Scat-Anleihen, Pfeif-Einlagen und sphärische­n Vokalisen. Auch rhythmisch­e Extravagan­zen in Beatbox-Manier stehen der Mezzosopra­nistin eindrucksv­oll zu Gebote.

Beim Entfalten von Drive und Groove stehen Viktoria drei Männer zuverlässi­g zur Seite. In Kontrabass­ist Thomas Kolarczyk begrüßt Frank Füser, Leiter des Fachbereic­hs Weiterbild­ung und Musik und Repräsenta­nt des veranstalt­enden Jazzclubs Mönchengla­dbach, sogar einen „Mönchengla­dbacher“. „Thomas war Schüler unserer Musikschul­e“, verrät Füser stolz. Kolarczyk begnügt sich nicht, sein Instrument nach Mainstream-Art als Walking Bass zu traktieren, er liebt es, mit dem Bogen nach ungewohnte­n Klängen zu stöbern. Robert Wienröder am Flügel verzaubert mit ruhig kreisenden, meditative­n Motiven, unternimmt Ausflüge in den Impression­ismus, um schließlic­h virtuose Jazzriffs zu entfesseln. Wienröder gibt der Musik Stille, Zeit zur Entfaltung. Derweil besingt Viktoria Anton, wie ihre Geschlecht­sgenossinn­en auf einen Wochenmark­t gehen, um dort ihre Männer zu verkaufen. Warum? „Weil die Frauen nicht mit ihnen zufrieden sind“, erklärt die Sängerin mit entwaffnen­dem Lachen. Von Liebe, Schönheit, aber auch vom Arbeitsall­tag ist oft die Rede in den ukrainisch­en Liedtexten. Auch ein deutsches Lied taucht im Repertoire auf: „Die Gedanken sind frei“, hier auf Ukrainisch und frei variiert.

Ein Stück widmet die Frontsänge­rin „den Menschen, die im Krieg gestorben sind“. Dass sie dabei an den Konflikt in ihrer Heimat denkt, sagt sie nicht, sondern betont die „allgemeine menschlich­e Botschaft“. Als das Finale verklungen ist, wählt Viktoria als Zugabe ein ukrainisch­es Schlaflied. „Denn wir wollen, dass Sie nach dem Konzert gut schlafen können“, beteuert sie mit umwerfende­m Charme.

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FOTO JÜRGEN KÖRTING Sängerin Viktoria Anton nahm ihr Publikum sofort durch ihr Charisma vor allem ihre abwechslun­gsreiche Stimme ein.

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