Autorin wird Verfassungsrichterin
Brandenburger Landtag hat entschieden.
Sie ist Schriftstellerin, Juristin und ein durch und durch politischer Mensch: Juli Zeh hat mit Romanen wie „Adler und Engel“, „Spieltrieb“oder zuletzt „Neujahr“nicht nur Bücher geschrieben, die von deutscher Gegenwart erzählen, sie hat sich auch immer wieder zu aktuellen Themen zu Wort gemeldet. Etwa, wenn sie mit Leidenschaft vor Eingriffen in den Datenschutz gewarnt oder die Achtung von Tierrechten eingefordert hat.
Nun bekleidet die 44 Jahre alte Publizistin auch ein öffentlich wirksames Amt: Der Landtag in Brandenburg hat sie mit 71 von 86 abgegebenen Stimmen zur Richterin am Landesverfassungsgericht gewählt. Der Posten ist ein Ehrenamt, das Gremium besteht aus neun Richtern, die zwei Mal im Monat tagen. Darunter sind hauptamtliche Richter, Menschen mit juristischer Ausbildung wie Zeh, die in Jura promoviert ist, und Laienrichter. Dazu zählt der Filmemacher Andreas Dresen, der bereits 2012 in die Richterrunde in Brandenburg berufen wurde. Zeh war von der SPD für das Amt am Landesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. Für ihre Gegenkandidatin, die von der AfD-Fraktion nominierte Juristin Victoria Tuschik, votierten 13 Abgeordnete; zwei enthielten sich. Die in Bonn aufgewachsene Juli Zeh lebt seit 2007 mit ihrem Mann und zwei Kindern in Barnewitz, einem Dorf im brandenburgischen Havelland. Ihr Roman „Unterleuten“spielt in so einem Dorf. Zeh nimmt darin den Bau einer Windkraftanlage zum Anlass, von den Verwerfungen zu erzählen, die sich in einer ländlichen Gemeinde auftun, wenn die Kinder der alteingesessenen Familien in die Städte abwandern, dafür gestresste Großstadtbewohner zuziehen, die sich den Traum vom Bauernhäuschen erfüllen. 20 Jahre nach der Wende prallen in dem fiktiven Dorf unterschiedliche politische Haltungen und soziale Herkünfte aufeinander. Zeh entwickelt wahrhaftige Figuren, erzählt individuelle Geschichten und porträtiert zugleich doch immer auch die deutsche Gesellschaft mit ihren Spannungen, Sehnsüchten, Sollbruchstellen. Dieser analytische Blick für gesellschaftliche Entwicklungen und das politische Engagement der Autorin haben sicher dazu beigetragen, dass sie nun im Gremium für die Landesverfassung in Brandenburg mitarbeitet. Dass das neue Amt sie am Schreiben hindern wird, befürchtet Juli Zeh nicht. Sie freue sich darauf, sich durch das neue Amt mit „echten“Problemen beschäftigen zu können, sagte sie im Vorfeld in einem Zeitungsinterview. Bei der Wahl gestern in Brandenburg war sie nicht im Landtag und gab auch keine Stellungnahmen ab. Gewählt wurde Juli Zeh für zehn Jahre.