Der weiße Schimmel des Grünen-Chefs
Parteichef Habeck will eine großzügigere Grundsicherung. Sie ist schädlich für den Sozialstaat.
Die Grünen merken, dass sie sich mehr und mehr zur großen linksliberalen Kraft entwickeln. Deshalb befassen sie sich wieder mehr mit Sozialpolitik, nachdem ihre Rückbesinnung auf die reine Umweltpolitik nicht alle neuen Wählerschichten rundum befriedigen kann. Der populäre Parteichef Robert Habeck hat sich mit dem Thema Hartz IV beschäftigt und einen Vorschlag vorgelegt, über den man diskutieren muss.
Unglücklich ist der Name des neuen Instruments. Der Begriff Garantiesicherung ist so etwas wie ein weißer Schimmel. Denn die Worte Garantie und Sicherung bedeuten im Grunde dasselbe. Ansonsten muss man dem Chef-Grünen immerhin zugute halten, dass er ein konsistentes Modell erarbeitet hat. Er verbindet eine Einkommensgarantie für Bedürftige mit dem Anreiz, bei Aufnahme von Arbeit zusätzliche staatliche Leistungen zu bekommen. Der implizite hohe Grenzsteuersatz von 80 Prozent bei Arbeitsaufnahme (nur 20 Prozent der Hartz-IV-Leistung wird bei einem neuen Job nicht angerechnet) fällt in seinem Modell weg. Statt mit Sanktionen arbeitet Habeck mit Belohnungen. Das passt zu seinem sanften Kurs.
Dennoch hat sein Ansatz einen entscheidenden Nachteil. Denn mit dem Wegfall der Sanktionen stellt er dem Hilfsbedürftigen frei, ob er arbeiten will oder nicht. Im Grunde verwechselt Habeck das Sozialstaatsprinzip „mit dem Ausschank von Freibier“, wie sein grüner Mitstreiter und Sozialexperte Markus Kurth giftig anmerkte.
In der Sozialpolitik muss der Grundsatz gelten, dass derjenige, der arbeitet, am Ende mehr hat als jener, der das nicht tut. Sonst ist der solidarische Charakter der Leistung zerstört. Und außerdem besteht ein starker ökonomischer Anreiz zur Schwarzarbeit. Obendrein ist das Modell mit 30 Milliarden Euro ein sehr teures Unterfangen, das der Steuerzahler erst einmal in Teilen zusätzlich finanzieren muss. Denn mit der Zusammenlegung von Hartz IV, Sozialhilfe und Wohngeld ist es nicht getan.
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