Drollige Pinguine, riesige Wale und Seeelefanten, bizarre Eisberge und aktive Vulkane begegnen Reisenden am Südpol. Ein Besuch in der Antarktis ist eben noch immer ein Abenteuer.
Die Sonne lacht am stahlblauen Himmel und das Thermometer zeigt Plusgrade an. Majestätisch gleitet die „Fram“mit 200 Gästen aus 21 Nationen an den Fjorden der Süd-Shetland-Inseln und der antarktischen Halbinsel entlang. Viele haben es sich auf Sonnenliegen an Deck gemütlich gemacht, dann und wann klicken die Fotoapparate, wenn mal wieder ein Buckelwal nach Luft schnappt. Es ist kaum zu glauben, dass man in einem der lebensfeindlichsten Gebiete unseres Erdballs unterwegs ist, in dem die Winter bis zu minus 89,2 Grad Celsius kalt werden können.
Gerade einmal 199 Jahre sind seit der Entdeckung der Antarktis vergangen. Jahrhundertelang waren Expeditionen auf der Suche nach einem mystischen Kontinent auf der Südhalbkugel, bis 1819 das Handelsschiff von William Smith bei heftigen Stürmen in der Drakestraße in Richtung Südsüdost abtrieb und auf die hoch aufragenden Berge einer der heutigen Süd-Shetland-Inseln traf.
Dass man heute als Tourist diese entlegenste und am schwersten zugängliche Region unseres Erdballs besuchen kann, ist der Entwicklung der Technik und solchen erfahrenen Seeleuten, wie Kapitän Ole Johan Andreassen, zu verdanken. Bei der norwegischen Schifffahrtsgesellschaft Hurtigruten beschäftigt, brachte er bereits elfmal Besucher in die Antarktis. Eine Tour, die auch heute ein Abenteuer ist. Die Wind-, Sicht- und Eisverhältnisse wechseln ständig und das Expeditionsprogramm verlangt Flexibilität.
Doch die Gäste an Bord der „Fram“haben diesmal Glück mit dem Wetter. So wie bereits Amundsen, der vor einem Jahrhundert mit seiner „Fram“im Schelfeis überwinterte und bei gutem Wetter 1911 den Südpol erreichte. Die Anreise ist heute wesentlich bequemer. Mit dem Flugzeug geht es bis zum argentinischen Ushuaia auf Feuerland. Von dort dauert es per Schiff nicht einmal zwei Tage, bis die verschneiten Felsen von Elephant Island in Sicht kommen.
Am dritten Tag auf See erreicht die „Fram“erstmals das Festland am nordwestlichsten Zipfel Antarktikas. Als Empfangskomitee haben sich Hunderte von Adéliepinguinen am steinigen Strand postiert. Um die drollig dahinwatschelnden Pinguine mit ihrem erst dreiwöchigen Nachwuchs nicht zu irritieren, staffelt Judith Heinrich als Expeditionskoordinatorin die Anlandungen so, dass sich nie mehr als 100 Gäste gleichzeitig am Strand aufhalten. „Keine Tour ist wie die andere“, schwärmt die gebürtige Potsdamerin. „Mal beobachtet man die Pinguine und Vögel beim Nestbau, mal beim Brüten und später bei der Aufzucht der Jungen.“
Man kann sich bei den täglich zweimal stattfindenden Anlandungen gar nicht sattsehen am eifrigen Getümmel in den Pinguinkolonien. Neben den Adélies tummeln sich hier Zügel- und Eselspinguine. Hinterlassen die kleinen Kerle bei der Hege und Pflege des Nachwuchses an Land eher einen bedächtigen Eindruck, so schießen sie wie Torpedos durch das nasse Element und springen anschließend auf bis zu zwei Meter hohe Eisschollen. Um ihre Steinnester zu erreichen, die sie im antarktischen Frühjahr auf schneefreien Bergkuppen errichten, müssen sie manchmal bis zu 100 Höhenmeter heraufkraxeln. Da haben es die Robben leichter, die sich am Strand aalen oder auf einer der Eisschollen dösen.
Eine besondere Überraschung erwartet die Reisenden, wenn der Kapitän an der Deception Insel in die vom Meer überflutete Caldera eines aktiven Vulkans einfährt. Die Erde ist warm, Thermalquellen dampfen, Methanblasen steigen aus dem Grund der Caldera empor und die Wassertemperaturen erreichen am seichten Ufer bis zu 14 Grad Celsius.
Von besonderem landschaftlichen Reiz sind die Fahrten durch malerische Fjorde entlang majestätischer Eisberge. Manche ragen wie Kathedralen aus dem Wasser, andere wie Tafelberge oder Pyramiden. Von hellem Grün bis zu dunklem Blau reichen die Farbschattierungen
des Eises. Pinguine, Seevögel und Robben fühlen sich in dieser Traumlandschaft sichtlich wohl, Buckel-, Blauund Finnwale finden dank der riesigen Krillpopulation reichlich Nahrung.
Doch die Eisberge sind auch Ausdruck einer zunehmenden Bedrohung. „Immer größere Brocken brechen vom Schelfeis ab“, gibt Kapitän Andreassen zu Bedenken. „Von Sommer zu Sommer wachsen die eisfreien Gebiete im Nordwesten der Antarktis.“Rund 40.000 Touristen zieht es jährlich in die antarktischen Gefilde. Will man die fesselnde Magie der Antarktis erhalten, darf der menschliche Fußabdruck auch künftig nur minimale Spuren hinterlassen.
Die Recherchereise erfolgte auf Einladung von Hurtigruten. www.hurtigruten.de