Rheinische Post Erkelenz

Schwere Zeiten für die Auto-Industrie

Hohe Investitio­nen in die Elektromob­ilität und der gleichzeit­ige Rückgang der Nachfrage setzen die Branche unter Druck.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF „Motor City“wird Detroit auch genannt, nur dass der Spitzname früher voller Bewunderun­g und heute eher mit Mitgefühl ausgesproc­hen wird. Vor rund 100 Jahren war die Stadt am Lake Michigan eines der wichtigste­n Zentren der Automobili­ndustrie. Ford, Chrysler, General Motors – die großen US-Autobauer hatten in der Region ihren Sitz. Die Automesse, deren diesjährig­e Auflage heute beginnt, war für die Branche Pflichtter­min.

Heute sprechen Auto-Experten wie Ferdinand Dudenhöffe­r davon, die Messe ähnele eher einem „Beerdigung­skonvent“. Viele große Marken wie BMW, Mercedes und Audi bleiben fern. Sie ist damit ein Spiegelbil­d der Region. Denn auch bei den drei großen Hersteller­n häufen sich die Probleme, die auch den Rest des Landes bzw. sogar der Welt treffen. Chrysler wurde inzwischen von der italienisc­hen Marke Fiat aufgekauft, zuletzt musste das italienisc­h-amerikanis­che Unternehme­n mehrere Hundert Millionen Dollar Strafe wegen Abgasschum­meleien zahlen. Konkurrent General Motors kündigte im November ein massives Sparprogra­mm an, bei dem 15 Prozent aller Jobs in Nordamerik­a und fünf Fabriken wegfallen sollen. Ford wiederum macht hohe Verluste und will nun in Europa Stellen streichen. Alles kommt auf den Prüfstand. 62,1 11,3 78,2 20,0 83,2 23,7

Es sind nur drei Beispiele für den tiefgreife­nden Wandel, der die Branche gerade erfasst hat. Nachdem der weltweite Automarkt (und speziell der in China) in den vergangene­n Jahren stark gewachsen war, kühlt die Nachfrage nun laut Prognosen merklich ab. „Berücksich­tigt man, dass im chinesisch­en Markt mit kontinuier­lichem Wachstum von jährlich fünf Prozent geplant wurde, ergibt sich für 2019 eine Überkapazi­tät von nahezu fünf Millionen Neuwagen“, 84,8 24,2 84,5 23,2 82,9 schreibt Ferdinand Dudenhöffe­r in einer Analyse. Gleichzeit­ig erfordern Trends wie das autonome Fahren oder die Elektromob­ilität milliarden­schwere Investitio­nen, während bei den klassische­n Verbrennun­gsmotoren immer mehr Emissionen eingespart werden müssen, um den Vorgaben der Regulierer gerecht zu werden. Milliarden-Investitio­nen für E-Mobilität und Überkapazi­täten in China müssten gleichzeit­ig geschulter­t werden, sagt Dudenhöffe­r: „Der 22,3 84,6 23,3 86,8 24,3 ,doppelte’ Margendruc­k lässt sich an Gewinnwarn­ungen und dem Rückgang der Aktienkurs­e ablesen.“

Wer in dieser Situation nicht gut aufgestell­t ist, bekommt Probleme. Zum Beispiel Ford: Während der Autoherste­ller in Europa die Entwicklun­gskosten für seine Fahrzeuge überwiegen­d alleine stemmen muss, setzen andere Hersteller seit Jahren auf Plattforme­n. So übernahm der PSA-Konzern den deutschen Hersteller Opel von General Motors,

um anschließe­nd sofort massiv die Kosten beim Bau und der Entwicklun­g der Fahrzeuge zu senken, indem man die Deutschen in das eigene Plattforms­ystem integriert­e.

Schnelle Umschwünge sind genauso wie politische Unsicherhe­it Gift für die Industrie, die ihre Planung für Jahre im Voraus machen. Der ungewisse Ausgang des Brexits und der Handelskri­eg der USA mit China verschärfe­n die Situation momentan zusätzlich. Und so trifft die Krise auch andere Unternehme­n. Der Roboterher­steller Kuka, dessen Maschinen in den Werken beim Fahrzeugba­u helfen, kappte bereits seine Geschäftsp­rognosen und will nun auch am Hauptsitz in Augsburg Stellen streichen. Man sei durch die rückläufig­e Nachfrage dazu gezwungen, sagte Kuka-Chef Peter Mohnen. Der Umbruch ist überall angekommen.

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