2018 verschwanden in NRW 97 Flüchtlingskinder
DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen sind im vergangenen Jahr 97 minderjährige Geflüchtete spurlos verschwunden, die ohne ihre Eltern kamen. Insgesamt 559 waren zumindest zeitweise vermisst, wie aus dem Bericht des NRW-Innenministeriums für den Integrationsausschuss des Landtages hervorgeht. 462 seien nach kurzer Zeit wieder aufgetaucht, die Aufklärungsquote habe im vergangenen Jahr damit bei 82,65 Prozent gelegen, sagte Jürgen Kayser, dafür zuständig im Innenministerium. Die Zahl der auf Dauer unauffindbaren Kinder und Jugendlichen, die seit 2015 nach NRW gekommen sind, beträgt 290. Allein im Januar blieben 16 verschollen.
Damit ist die Zahl vermisster minderjähriger Flüchtlinge unverändert hoch. Einer Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf ) und der deutschen nationalen Kontaktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN) zufolge ist nicht auszuschließen, dass unbegleitete Minderjährige zum Opfer von Kriminellen wurden. Um ihren Verbleib aufzuklären und sie besser schützen zu können, bedürfe es einer Verbesserung der Datenlage und des Datenaustauschs, hieß es in der aktuellen Studie.
Als vermisst gelten Minderjährige, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen. Wenn sie die Rückkehrfristen überschreiten, wird unverzüglich eine Ausschreibung im Fahndungssystem der Polizei, also eine intensive Suche, veranlasst.
„Minderjährige Geflüchtete sind besonders schutzwürdig“, sagte die Grünen-Abgeordnete Berivan Aymaz. Das Thema müsse auch dem Familien-Ausschuss des Landtages vorgelegt werden. Dem NRW-Innenministerium zufolge gaben jene Kinder, die nur vorübergehend verschwanden, diverse Gründe für ihr Fortbleiben an.
Häufigstes Motiv sei der Wunsch gewesen, in einem anderen europäischen Land zu leben oder nach Angehörigen an einem anderen Ort in Deutschland zu suchen. In letzterem Fall bleiben sie dem Bamf zufolge allerdings nicht lange vermisst, sondern werden aus der Statistik genommen.
Laut NRW-Innenministerium antworteten manche der nur zeitweise Verschwundenen aber auch, dass sie sich in den Einrichtungen langweilten, das Essen zu schlecht sei oder sie in die nächstgelegene Großstadt fahren wollten. Die Gründe würden vom Landeskriminalamt nicht systematisch erfasst, so Kayser. Und es gibt einen weiteren Grund, den das NRW-Innenministerium nicht nennt, wohl aber das Bamf: Angst vor einer Abschiebung.