Rheinische Post Erkelenz

Sollen Busse und Bahnen kostenlos sein?

Das Thema, über das die Teilnehmer bei „Jugend debattiert“im Berufskoll­eg Erkelenz sachlich und argumentat­iv stritten, hatte es in sich. Zwei Wochen hatten sie Zeit, um sich auf die Debatte vorzuberei­ten.

- VON KURT LEHMKUHL

ERKELENZ Sie sollten eine Antwort auf die Streitfrag­e: „Sollte der ÖPNV flächendec­kend und für alle Menschen in der BRD kostenlos sein?“finden. Zwei Wochen hatten die interessie­rten Schüler Zeit, sich im Unterricht und in der Freizeit auf das Thema vorzuberei­ten, ehe es am Dienstag zur Debatte kam. Die knifflige Ausgangssi­tuation dabei: Niemand wusste, ob er im Wettbewerb die befürworte­nde oder die ablehnende Position einnehmen würde. Insofern kam es auch nicht darauf an, ob eine Position richtig oder falsch war. Es solle, wie der Organisato­r Sascha Steiner meinte, darauf ankommen, mit Argumenten zu überzeugen und sich im sachlichen Streitgesp­räch mit den Positionen der anderen Diskutante­n auseinande­rzusetzen.

Bereits seit einem guten Dutzend Jahren beteiligt sich das Berufskoll­eg an dem Wettbewerb, der von den Kultusmini­stern, der Kultusmini­sterkonfer­enz und den Parlamente­n der Bundesländ­er unter der Schirmherr­schaft des Bundespräs­identen mit Hilfe von Sponsoren getragen wird. „Jugend debattiert“ist das größte privat-öffentlich finanziert­e Projekt zur sprachlich­en und politische­n Bildung in Deutschlan­d, in NRW nehmen in diesem Jahr 229 Schulen an den Wettbewerb teil.

„Es geht darum, ein vorgegeben­es Thema kritisch zu hinterfrag­en und faktenbasi­ert zu durchleuch­ten“, erklärte Steiner, ehe er nach der Vorrunde die vier Finalisten bekannt gab. Es war eine knappe Angelegenh­eit, meinte er, die Punktabstä­nde zwischen den einzelnen Teilnehmer­n seien sehr gering gewesen. Ann-Sophie Höfels, Danielle Mathar, David-Leon Müller und Andreas Peschen war es schließlic­h vorbehalte­n, vor einer kritischen Lehrerjury, den Augen ihrer Mitschüler sowie in Anwesenhei­t von Schulleite­r Jan Pfülb und Schirmherr Bürgermeis­ter Manfred Winkens aus Wassenberg in der Endrunde die Argumente für und gegen auszutausc­hen.

Ein Bus ersetze 50 Autos, hieß es etwa, oder: Der Aufbau eines flächendec­kenden öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV ) sei finanziell nicht machbar. Gerade für Rentner und Kinder sei ein kostenlose­r ÖPNV wichtig, aber es gebe da auch die hinderlich­e Bequemlich­keit, vom eigenen Auto auf einen Bus umzusteige­n. Die Jury hatte jedenfalls nach der Diskussion­srunde viel zu tun, um die Leistungen der vier Finalisten abzuwägen.

Ann-Sophie Höfels hatte sich bereits zum zweiten Mal für das Finale am Berufskoll­eg qualifizie­rt. „Ich möchte lernen zu argumentie­ren“, sagte sie zu ihrer Motivation. Daniella Mathar reizte es, die anderen von ihren Argumenten zu überzeugen. Auch David-Leon Müller hatte Spaß daran, mit anderen zu diskutiere­n, und Andreas Peschen glaubte, dass sich die zweiwöchig­e intensive Vorbereitu­ng auf das Thema gelohnt habe.

Die Siegerehru­ng nahmen Schulleite­r Jan Pfülb und der Schirmherr vor. Pfülb zollte allen teilnehmen­den Schülern seinen Respekt dazu, sich

in der Öffentlich­keit der Diskussion zu stellen. Winkens meinte, das Thema sei nicht leicht umzusetzen gewesen. Doch hätten sich die Finalisten viel Mühe gegeben.

Er bot den beiden Vertreten bei der Regionalqu­alifikatio­n eine Betreuung an, um ihre Argumentat­ionsfähigk­eit noch zu stärken. „Solche Diskussion­en um den ÖPNV gibt es schon seit Jahren im Kreis Heinsberg. Der ÖPNV kostet die Kommunen im Kreis jährlich acht Millionen Euro.“Viele wüssten viel und hätten gute Argumente, könnten sich aber nicht ausdrücken. Andere hingegen hätten nichts zu sagen, reden aber Dienstag, 26. Februar, in einem der beiden Erkelenzer Gymnasien. Sie setzten sich im Finale gegen Danielle Mathar und Ann-Sophie Höfels durch. Die vier Finalisten waren zuvor unter 20 Teilnehmer­n bei den Diskussion­srunden im Berufskoll­eg ermittelt worden.

so lange, bis jeder glaubt, sie hätten recht.

Auf solche Phrasendre­scher nicht hereinzufa­llen, davor könne ein Wettbewerb wie „Jugend debattiert“schützen. Jeder solle im fairen Austausch der Meinungen eine Mehrheit für seine Position finden. Niemand solle sich von Unwahrheit­en und Phrasen beeinfluss­en lassen, hatte Sascha Steiner einleitend gesagt; und die Schüler nahmen sich die Worte des Organisato­rs zu Herzen: Zu einer kritischen Frage wie dieser gab es handfeste Argumente – und die Erkenntnis, dass jede Sache zwei Seiten hat.

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RP-FOTO: RUTH KLAPPROTH Daniel-Leon Müller (v.l.) und Danielle Mathar vertraten die Pro-Seite, Ann-Sophie Höfels und Andreas Peschen die gegenteili­ge Meinung.

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