Im Glanz des Vaters
Kein junger Rennfahrer steht so in der Öffentlichkeit wie Mick Schumacher. Der Name scheint keine Bürde zu sein.
DÜSSELDORF Die Augen von Mick Schumacher sind weit aufgerissen, als er beginnt zu erzählen. „In der Formel 1 das erste Mal zu fahren, war sehr interessant“, sagt der 20-Jährige bei einem Talk in Köln über seine ersten Testfahrten. „Ich habe sehr viel gelernt“. Bald darauf gerät er ins Schwärmen. „Es war sehr schön, meine Mutter dabei zu haben. Sie hatte Spaß, weil ich Spaß hatte. Es war sehr schön für alle“, sagt er. Wenn er spricht, klingt das Rheinland durch – obwohl er in der Schweiz aufwuchs.
Mick Schumacher wirkt gelöst, ausgeglichen, glücklich. Das ist nicht selbstverständlich, denn wie kein anderer Testfahrer steht er in der Öffentlichkeit. Er ist der Sohn des siebenfachen Formel-1-Champions Michael Schumacher, der fünf seiner Titel mit Ferrari holte. Schumacher ist nicht eine, sondern die Legende des Rennsports, ein Idol in Rot. Mick Schumcher macht nicht den Eindruck, als sei seine Herkunft eine Bürde, obwohl der Druck enorm ist: Er fährt in der Nachwuchsakademie von Ferrari. In Bahrain hat er seine erste Formel-1-Testfahrt für den Rennstall gemacht.
Mick Schumacher weiß sehr genau, was da auf ihn einprasseln wird. Von Mutter Corinna und Managerin Sabine Kehm wurde er behutsam vorbereitet. Im Kart-Sport durfte er sich nahezu unbeobachtet entwickeln. Er trat unter dem Namen Mick Betsch an. Später schützte Kehm ihn vor Medienanfragen. Bis die Aufmerksamkeit durch Siege zu groß wurde, er alt genug schien, mit dem Rummel umzugehen. Sein Umfeld hat einen klaren Plan für ihn, spielt mit den Parallelen zum Vater. Gleiches Management, gleicher Sponsor, gleiche Farben. 2017 darf er in Spa, auf der Lieblingsstrecke von Michael Schumacher, in dessen altem Benetton Ford 194 eine Ehrenrunde drehen. Dass er seinem Vater auch noch in Körpersprache, Ausstrahlung und Arbeitsweise derart ähnelt, fördert die Euphorie der Fans.
Und manche Momente in der jungen Karriere des Schumacher-Sohnes kann sich kein Drehbuchautor ausdenken, sie wirken fast schicksalhaft. Ausgerechnet in Spa, wo Vater Schumacher 1992 seinen ersten Formel-1-Grandprix gewann, fuhr Mick Schumacher 2018 zu seinem ersten Sieg in der Formel 3. Danach gewinnt er sieben Rennen und fährt als Führender zum letzten Rennwochenende nach Hockenheim. Zehntausende campten dort früher, um seinen Vater zu sehen. Nun kommen einige Tausend für Mick und sehen, wie er beim Heimrennen Europameister wird. Viele sprechen schon da von seinem direkten Aufstieg in die Formel 1. Der neue Europameister aber will einen Schritt nach dem anderen machen. Schumacher junior geht in die Formel 2, um weiter zu lernen.
Ähnlich wie sein Vater ist er kein fahrerisches Naturtalent. Schumacher punktet mit akribischer Arbeit, Ehrgeiz und guter Rennstrategie. Wie Michael tüftelt er stundenlang mit den Technikern, bis er die perfekte Abstimmung für sein Fahrzeug gefunden hat. Er lernt schnell aus Fehlern, beobachtet die Konkurrenz. Mick Schumacher schwärmt von der Arbeit mit den Technikern im Ferrari-Werk in Maranello. Sein Vater verbrachte früher ganze Tage und Nächte bei den Technikern. „Es gibt schon deutliche Parallelen zwischen Mick heute und Michael damals“, sagt der ehemalige österreichische Formel-1-Pilot Gerhard Berger. „Gerade optisch, in den Gesten, in der Haltung, in der Art sich zu bewegen.“
Bei seinem ersten Test schrammte Mick Schumacher nur knapp an der Bestzeit vorbei. Fans der Scuderia würden ihn am liebsten dauerhaft im Ferrari sehen. Die ersten forderten bereits, den glücklosen Sebastian Vettel durch Mick Schumacher zu ersetzen. Aber der 20-Jährige macht sich da keinen Druck. Es gebe noch keinen festen Zeitplan, sagt er. In Hockenheim könnte er nach dem dortigen Formel-1-Rennen seine zweite Testfahrt bekommen. Für Mick Schumacher wäre es eine weitere Chance zu lernen. „Für mich liegt der Fokus weiter voll auf der Formel 2“, sagt er. Jeweils zwei Jahre verbrachte er in der Formel 3 und Formel 4. Mit der Formel 1 könnte es schneller gehen.