Rheinische Post Erkelenz

Alte NRW-Meiler bis 2023 vom Netz

Das Bundesumwe­ltminister­ium fordert in einem Papier das frühe Abschalten rheinische­r Braunkohle-Blöcke. Ressortche­fin Schulze macht Druck auf Wirtschaft­sminister Altmaier.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

BERLIN Um die deutschen Klimaziele bis 2030 zu erreichen, verlangt das Bundesumwe­ltminister­ium mehr Anstrengun­gen in der Energiepol­itik. In einem für Ressortche­fin Svenja Schulze (SPD) verfassten Papier, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es zum Ausstieg aus der Kohleverst­romung: „Jetzt gilt es für die Betreiber, die Regionen und die Menschen vor Ort, schnell Planungssi­cherheit herzustell­en.“Unter dem Titel „Handlungso­ptionen für mehr Klimaschut­z im Energiesek­tor“wird ein rasches Ende alter Meiler gefordert: „Die Gespräche mit den Kraftwerks­betreibern sollen darauf abzielen, in einem ersten Schritt bis 2023 die ältesten Braunkohle-Kraftwerks­blöcke im Rheinische­n Revier stillzuleg­en.“

Die Kohlekommi­ssion hatte bereits einen ähnlichen Fahrplan vorgeschla­gen. So sollen bis 2023 (neben der ohnehin geplanten Sicherheit­sreserve) drei Gigawatt an Braunkohle-Kapazität stillgeleg­t werden. Es wurde verabredet, dass dies vor allem im rheinische­n Revier erfolgen soll. Die ostdeutsch­en Braunkohle­kraftwerke sind später an der Reihe. Doch die konkrete Umsetzung durch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) steht noch aus und geht aus Sicht des Umweltmini­steriums nicht zügig genug voran. Für die Verhandlun­gen im Klimakabin­ett, die am 18. Juli fortgesetz­t werden, hatte Schulze ihre Experten um Vorschläge für mehr Tempo in der Energiepol­itik gebeten. Mit dem vorliegend­en Papier kann sie Altmaier unter Druck setzen. Zumal die Grünen vor einigen Wochen bereits eine konkrete Liste zum Kohleausst­ieg in NRW vorgelegt hatten: Danach sollen bis 2022 in Neurath die Blöcke A, B, D und E stillgeleg­t werden und in Niederauße­m die Blöcke C, D und G. Sie wurden teilweise schon 1972 in Betrieb genommen.

Schulzes Experten nehmen auch die Umsiedlung­en in den Blick. „Ziel ist es, sowohl eine weitere Rodung des Hambacher Waldes zu verhindern als auch den Druck auf ein Abbaggern weiterer Dörfer zu reduzieren“, heißt es in dem Ministeriu­mspapier weiter. Dagegen wehrt sich RWE seit Langem: „Die Kommission hat die anstehende­n Umsiedlung­en nicht infrage gestellt. Das ist richtig, weil es den betroffene­n Menschen Sicherheit gibt“, hatte Konzernche­f Rolf Martin Schmitz im März erklärt. Außerdem werde die Kohle in den frühen 2020er Jahren benötigt, um die verbleiben­den Kraftwerke zu versorgen. Beim Hambacher Forst hat RWE dagegen bereits Entgegenko­mmen signalisie­rt.

Neben den Forderunge­n nach einem zügigen Kohleausst­ieg warnen die Beamten im Umweltmini­sterium vor einem starren Mindestabs­tand von Windkrafta­nlagen zu Wohngebiet­en. „Pauschale Abstände führen zu massiver Einschränk­ung der verfügbare­n Flächen für den Ausbau der Windenergi­e an Land“, heißt es in dem für Schulze verfassten Papier. Dies würde weder den berechtigt­en Anliegen der Anwohner vor Ort noch der Energiewen­de gerecht. Vor allem Union und FDP hatten sich für solche Mindestabs­tände stark gemacht.

Unterdesse­n rief auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu mehr Ambitionen im Klimaschut­z auf. Nach Informatio­nen der „Bild“-Zeitung soll sie in der Fraktionss­itzung am Dienstag einen Kurswechse­l angekündig­t haben. Es solle „kein Pillepalle mehr“geben, Merkel versprach „disruptive Veränderun­gen“.

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