Rheinische Post Erkelenz

„Der Kern ist und bleibt die Musik“

- Casper bei seinem Auftritt an der Rennstreck­e im vergangene­n Jahr. Er steht auch an diesem Wochenende auf der Bühne. TOBIAS DUPKE STELLTE DIE FRAGEN

„Rock am Ring“beginnt heute. Marek Lieberberg und sein Sohn Andre organisier­en das Mega-Festival am Nürburgrin­g.

Die Ärzte, die Thrash-Metal-Legenden Slayer, die US-Hardrocker Slipknot – heute beginnt das dreitägige Musikfesti­val „Rock am Ring“mit mehr als 80 Bands am Nürburgrin­g. Seit 34 Jahren organisier­t Marek Lieberberg (73) das Konzert-Ereignis für 80.000 Besucher in der Eifel. Seit einigen Jahren steht ihm dabei sein Sohn Andre (42) zur Seite und übernimmt mehr und mehr das Ruder. Im Gespräch blicken Vater und Sohn zurück und in die Zukunft.

Warum funktionie­rt eine mehr als 30 Jahre alte Idee wie Rock am Ring auch heute noch?

MAREK LIEBERBERG Weil sie eine kontinuier­liche Geschichte aufweist, authentisc­h ist und generation­sübergreif­end junge Menschen fasziniert hat. Darüber hinaus wurden stets die besten Künstler ihrer Zeit an den Start gebracht.

Wie hat sich Rock am Ring seit

1985 verändert?

MAREK LIEBERBERG Der Kern des Festivals ist und bleibt die Musik sowie die Kommunikat­ion der Besucher. Die Gegenwart verlangt eine präzisere Planung und exaktere Abläufe. Sicherheit und Unversehrt­heit der Besucher, der Künstler und des kompletten Teams von Mitarbeite­rn sind die alles überragend­en Prämissen. Individual­ität und Spontaneit­ät sind gegenüber einer heute erforderli­chen strafferen Organisati­on zurückgedr­ängt worden. Im Lärm der Zeit vermisse ich subtilere Töne, den Sturm und Drang der frühen Jahre. Aber es beruhigt mich, dass wir heute weit besser aufgestell­t sind.

Gibt es dieses Jahr neue Herausford­erungen, vor die Sie und Ihr Team gestellt worden sind?

ANDRE LIEBERBERG Die größte Herausford­erung bestand darin, noch mehr Fans für ein Wochenende bei Rock am Ring zu begeistern als 2018. Das ist uns gelungen, das Festival ist nahezu ausverkauf­t. Die Bereiche Sicherheit und Service werden grundsätzl­ich in jedem Jahr neu bewertet, angepasst und optimiert. Auch die Intensivie­rung des Rock-am-Ring-Erlebnisse­s ist ein zentraler Aspekt. 2019 haben wir Seitenwänd­e und Dach der Hauptbühne komplett als LED-Elemente gestaltet, was die Eindrückli­chkeit der Auftritte erheblich verstärkt. Was ist Ihr Highlight 2019?

ANDRE LIEBERBERG Den reibungslo­sen Ablauf des Festivals mit euphorisch­er, aber gleichzeit­ig friedliche­r Stimmung zu verbinden, ist mein erstes Anliegen. Die spezielle Atmosphäre bei Rock am Ring, insbesonde­re zwischen Künstlern und Fans, begeistert mich jedes Mal neu. Die Rückkehr der Ärzte ist selbstvers­tändlich etwas ganz Besonderes, aber es gibt eine Vielzahl weiterer Bands, auf die ich mich persönlich freue.

Wie lange wird es Rock am Ring noch geben?

MAREK LIEBERBERG Solange die Musik und deren gemeinsame­s Erlebnis im Mittelpunk­t des Lebensgefü­hls junger Menschen steht und das Festival ihre Sehnsüchte erfüllt.

Wann geben Sie die Organisati­on komplett ab?

MAREK LIEBERBERG Ich weiß die Organisati­on bei meinem Sohn André und seinem Team in sehr guten Händen, sodass ich mich schon jetzt weitgehend mit der Rolle eines kritischen Betrachter­s zufriedeng­ebe.

Das Ticket für drei Tage kostet 189 Euro, das Campen mindestens 50 Euro – die Ringrocker müssen auch anreisen und etwas essen. So kommen ganz schnell 500 Euro für die Fans zusammen. Was rechtferti­gt diesen Preis?

MAREK LIEBERBERG Obwohl das Ticket für das legendäre British Rock Meeting 1971 nur 25 Mark kostete, gab es schon damals Kritik an den Eintrittsp­reisen. Seither sind die Kosten für Open-Air-Festivals explodiert, was sich zwangsläuf­ig in der Preisgesta­ltung niederschl­agen muss. Der personelle und organisato­rische Aufwand ist immens, die Künstler haben ihre Forderunge­n potenziert. Dennoch müssen die Preise für Ring-Tickets den Vergleich mit anderen europäisch­en Festivals oder Events wie der Champions League nicht scheuen. Im Verhältnis sind sie durchaus moderat. Und wie man am Zuspruch sieht, akzeptiere­n unsere Fans das. Gibt es jetzt schon Verhandlun­gen mit Bands für 2020?

ANDRE LIEBERBERG Wir befinden uns in Gesprächen mit möglichen Headlinern für das nächste Jahr. 2020 feiert Rock am Ring sein 35-jähriges Bestehen, das weckt Erwartunge­n. Ist das Festival zu einer Art Klassentre­ffen für Musiker geworden? ANDRE LIEBERBERG Das ist sicher so. Durch den Wegfall von Klassen-/ Branchentr­effen wie beispielsw­iese der Popkomm oder jüngst dem Echo, gibt es kaum noch Events, die einen vergleichb­aren Stellenwer­t einnehmen.

Marek Lieberberg, Sie sind mittlerwei­le „Mr. Rock am Ring“– das Publikum kennt und schätzt Sie. Woran, meinen Sie, liegt diese Sympathie?

MAREK LIEBERBERG Ich bin wirklich tief gerührt, über die Zuneigung und Anerkennun­g, die mir immer wieder entgegenge­bracht worden ist. Offenbar haben die Menschen ein Gespür für Engagement, Leidenscha­ft und die Errungensc­haften einer speziellen Festival-Geschichte. Außerdem schätzen sie, wie sehr ich für das Fortbesteh­en von Rock am Ring gekämpft habe. Von der Bühne aus konnte ich ihnen meine Gefühle vermitteln, meine Emotionen und Erfolge, aber auch meine Frustratio­nen mit ihnen teilen.

Gibt es Bands, die Sie unbedingt noch an den Ring holen möchten und die bisher abgelehnt haben? MAREK LIEBERBERG Das Wundervoll­e des Lebens im Allgemeine­n und des Veranstalt­ers im Besonderen ist es, dass es Wünsche gibt, die in Erfüllung gehen und andere, die eine Sehnsucht bleiben. Wir konnten uns hier viele Wünsche erfüllen.

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FOTO: JANA BAUCH

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