Fiat Chrysler zieht Fusionsofferte zurück
Dem italienisch-amerikanischen Autobauer dauerte der Entscheidungsprozess beim französischen Wunschpartner Renault offenbar zu lange. Endgültig vom Tisch scheint der Zusammenschluss aber noch nicht.
FRANKFURT Vorläufiges Ende aller Gigantenträume: Am späten Mittwochabend hat Fiat Chrysler die angepeilte Fusion mit seinem Konkurrenten Renault abgeblasen. Zuvor hatte der Verwaltungsrat des französischen Autobauers stundenlang beraten, auf Bitten der französischen Regierung eine Entscheidung aber vertagt. Die Regierung in Paris hat als größter Anteilseigner mit 15 Prozent Einfluss auf den Konzern und gebeten, das Angebot noch fünf Tage prüfen zu dürfen. Hintergrund sind offenbar Vorbehalte des Renault-Partners Nissan gewesen. Beide Unternehmen verbindet eine gemeinsame Allianz mit Mitsubishi. Renault zeigte sich nach dem Rückzug von Fiat Chrysler enttäuscht. Die Offerte sei zeitgemäß und hätte ein „europäisches Kraftzentrum“in der Automobilbranche geschaffen, hieß es in einer Stellungnahme des Konzerns.
Fiat Chrysler hatte in der vergangenen Woche eine Fusion vorgeschlagen. Bei dem Deal sollten die Partner je 50 Prozent am künftigen Unternehmen halten. Beide Autobauer hätten mit der Fusion die Chance gehabt, ihre jeweiligen Schwächen auszugleichen. So hätte Renault seine starke Präsenz in Europa und seinen Vorsprung in Sachen Elektromobilität einbringen können. Fiat Chrysler ist stark in Nordamerika vertreten. „Ein Zusammenschluss von Renault und Fiat Chrysler würde Sinn machen“, meint der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen.
Vor allem in Europa stehen Autokonzerne unter großem Druck: Sie müssen neue CO2-Grenzwerte einhalten; andernfalls drohen empfindliche Strafen. Auch deswegen bringen die Autobauer verstärkt Modelle mit elektrischen Antrieben auf die Straßen, weil die den CO2-Ausstoß ihrer Flotte insgesamt senken. Fusionen und Kooperationen können auf dem Weg hin zu solchen alternativen Antriebstechnologien helfen. Denn hierfür sind hohe Investitionen nötig, die man in Kooperationen oder Zusammenschlüssen leichter schultern kann. Auch die Erforschung und Entwicklung des automatischen Fahrens mit einhergehender zunehmender Digitalisierung der Mobilität verschlingt Milliardensummen. Die beiden Autobauer hatten die Einsparungen im Falle eines Zusammenschlusses auf rund fünf Milliarden Euro taxiert.
Allerdings bleibt noch Hoffnung. Fiat Chrysler hat zwar sein Fusionsangebot zurückgezogen, geht aber nach wie vor davon aus, dass eine Fusion sinnvoll sei; es gebe sogar zwingende Gründe für einen solchen Zusammenschluss. Auf Seiten der französischen Regierung hieß es, Fiat Chrysler habe massiv Druck gemacht, das Angebot schnell anzunehmen. Man habe sich aber noch mit seinem Partner Nissan beraten wollen, dessen Zustimmung noch ausstand. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte, die Regierung habe der Fusion zustimmen wollen, allerdings nur unter vier Bedingungen: dem Fortbestand der Allianz zwischen Renault und Nissan, dem Erhalt von Arbeitsplätzen und Produktionsstandorten in Frankreich, dem Festhalten an der künftigen deutsch-französischen Kooperation bei Batterietechniken für Elektroautos und einer gleichgewichtigen Führung von Renault und Fiat Chrysler im fusionierten Unternehmen. In drei Punkten sei man sich einig geworden, nur die ausdrückliche Zustimmung von Nissan habe noch ausgestanden.
Italien hat „politische Einmischung“für das zumindest vorläufige Scheitern der Fusion verantwortlich gemacht. „Wenn die Politik versucht, in wirtschaftliche Vorgänge einzugreifen, verhält sie sich nicht immer korrekt“, sagte Vize-Regierungschef Luigi Di Maio.