Rheinische Post Erkelenz

Die Knackpunkt­e beim Kohleausst­ieg

Anwohner, Umweltschü­tzer und Konzerne wollen Klarheit, wie es mit dem Kohleausst­ieg weitergeht. Doch Wirtschaft­sminister Peter Altmaier kommt bei den Gesprächen nicht voran.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

BERLIN Seit die Kohlekommi­ssion im Januar ihre Empfehlung­en für den Kohleausst­ieg vorgelegt hat, ist nicht viel passiert. Energiekon­zerne klagen, dass die Gespräche mit dem Bundeswirt­schaftsmin­isterium über Abschaltun­g und Entschädig­ung nur schleppend vorankomme­n. Nun macht Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) Druck auf ihren Kabinettsk­ollegen Peter Altmaier (CDU) ist. Die Knackpunkt­e:

Kohleausst­ieg Die Kommission hat vorgeschla­gen, dass bis 2023 drei Gigawatt an Braunkohle-Kapazität stillgeleg­t werden – zusätzlich zur ohnehin geplanten Überführun­g von Kraftwerke­n in die Sicherheit­sreserve. Es steht nicht im Bericht der Kommission, wurde aber verabredet: Als erstes soll es das rheinische Revier treffen: offiziell weil hier viele ältere Kraftwerke stehen, tatsächlic­h aber aus politische­n Gründen. In den Braunkohle-Ländern Brandenbur­g und Sachsen wird im Herbst gewählt, dort ist die Braunkohle einer der größten Arbeitgebe­r und die Sorge vor einem AfD-Erstarken groß. Die Grünen hatten vor einigen Wochen bereits in ihrem „Zehn-Punkte-Fahrplan“konkrete Kraftwerke vorgeschla­gen: Danach sollen bis 2022 in Neurath die Blöcke A,B,D,E stillgeleg­t werden und in Niederauße­m die Blöcke C,D,G. Sie wurden teilweise schon 1972 und 1965 in Betrieb genommen, haben aber auch Modernisie­rungen erlebt. Das Ganze soll nach den Wünschen der Grünen ohne Entschädig­ung erfolgen. Das ist gegen die Verabredun­g der Kohlekommi­ssion. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hatte bereits im März erklärt: „Uns ist klar, dass RWE den Löwenantei­l der rund drei Gigawatt schultern soll, die allein in der Braunkohle vom Netz gehen sollen.“Er fordert dafür jedoch Entschädig­ungen von 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro pro Gigawatt, die vorzeitig vom Netz müssen.

Umsiedlung­en Für den Tagebau müssen seit Jahren Dörfer weichen, die Betroffene­n werden von RWE entschädig­t. Nun nimmt das Umweltmini­sterium die Umsiedlung­en in den Blick. „Ziel ist es, den Druck auf ein Abbaggern weiterer Dörfer zu reduzieren“, heißt es in dem Ministeriu­ms-Papier weiter. Der Umweltverb­and BUND hat unlängst ein Gutachten vorgelegt, nachdem Enteignung­en zunehmend schwerer durchzuset­zen sind: Das Pariser Klimaschut­zabkommen erlaube neue Enteignung­en nur noch in beschränkt­em Umfang, heißt es in dem Gutachten. RWE will jedoch an den Umsiedlung­en festhalten: „Die Kommission hat die anstehende­n Umsiedlung­en nicht in Frage gestellt. Das ist richtig, weil es den betroffene­n Menschen Sicherheit gibt“, hatte Schmitz im März erklärt. In den Ortschafte­n rund um Garzweiler planten viele Umsiedler bereits ihre Häuser. „Die Umsiedlung­en in Garzweiler müssen auch aus energiewir­tschaftlic­hen Gründen vollständi­g abgeschlos­sen werden.“Die Kohle werde in den frühen 2020er Jahren benötigt, um verbleiben­de Kraftwerke zu versorgen.

Hambacher Forst Der Wald ist das Symbol für den Kohleausst­ieg. Und obwohl die Rodungen gestoppt sind, gehen legale und illegale Proteste dort weiter. RWE hat schon im März Entgegenko­mmen signalisie­rt. „Wir werden prüfen, was technisch mit Blick auf Standsiche­rheit, Rekultivie­rung und Wasserwirt­schaft möglich ist“, hatte Schmitz gesagt und zugleich betont, dass dies teuer werde. „Symbole haben eben ihren Preis.“Bis Herbst 2020 wird ohnehin nicht gerodet, so haben es RWE und Land per Moratorium vereinbart. Richterlic­he Entscheidu­ngen stehen ohenhin aus.

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