Rheinische Post Erkelenz

Terror mit der Knoblauchp­resse

- VON HENNING RASCHE

Mit Küchenuten­silien versuchte ein Kölner Islamisten­paar laut Anklage, eine Rizin-Bombe zu bauen. Nun steht es vor Gericht.

DÜSSELDORF 2000 Rizinussam­en bestellte Yasmin H. mit ihrer Kreditkart­e bei Ebay und Amazon. Ende Mai 2018 nahm sie die Post mit den Samen in ihrer Wohnung in Köln-Chorweiler an, wie andere Leute ein neues Paar Turnschuhe. Aber Yasmin H. und ihr Ehemann Sief Allah H. waren nicht an Mode interessie­rt, sondern an Morden.

Über den Messengerd­ienst Telegram erhielten die beiden Instruktio­nen, wie sie mit den Rizinussam­en umzugehen hatten. Mit einem Cuttermess­er schälten sie die Samen, mit Kaffeemühl­en und einer Knoblauchp­resse zerkleiner­ten sie sie. Im Mörser vermischte das Ehepaar H. das Rizin mit Aceton zu einem Pulver. Einem tödlichen Pulver.

Mehr als 90 Seiten umfasst die Anklagesch­rift. Als Verena Bauer von der Bundesanwa­ltschaft sie verliest, fällt ein paarmal das Mikrofon aus. Sie wartet, bis ihre Stimme wieder aus den Lautsprech­ern dringt. Kein Detail der Anklage soll untergehen. Nicht die Knoblauchp­resse, nicht die Kaffeemühl­en, nicht die Instruktio­nen via Telegram.

Sief Allah H., 30, geboren in Tunis, und Yasmin H., 43, geboren in Köln, hatten sich 2014 über das Internet kennengele­rnt. Ein gutes Jahr später, im Oktober 2015 heirateten sie. Seit Freitag müssen sie sich vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf verantwort­en. Der Generalbun­desanwalt wirft ihnen unter anderem die Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Straftat vor. Sief Allah H. ist zudem anklagt, weil er versuchte, sich dem IS anzuschlie­ßen.

Wachleute führen das Ehepaar in Saal 1 des Hochsicher­heitstrakt­s des Gerichts in Düsseldorf-Hamm. Yasmin H., blonder Pferdeschw­anz, rote Bluse, zeigt ihr blasses Gesicht, und darf sich neben ihre Anwältin Seda Basay-Yildiz setzen. Ihr Mann Sief Allah H. hat die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrem­pelt und wirkt, hielte er keinen Aktenordne­r vor dem Gesicht, als sei er auf dem Weg zu einer Gartenpart­y. Er muss hinter Panzerglas sitzen.

Abgesehen vom Wetter ist dieser Prozess so etwas wie das Gegenmodel­l zu einer Gartenpart­y. Das Ehepaar H. plante offenbar einen Anschlag, der nicht nur der erste islamistis­che Einsatz einer chemischen Waffe gewesen wäre. Er hätte laut Bundeskrim­inalamt auch größtmögli­chen Schaden angerichte­t: Mehr als 100 Tote hätte die Rizinbombe fordern können.

Dass es dazu nicht gekommen ist, ist wohl glückliche­n Zufällen zu verdanken. Die Wohnung des Islamisten­paars lag nur einen knapp 20-minütigen Spaziergan­g von der Zentrale des Verfassung­sschutzes entfernt. Doch der deutsche Geheimdien­st erfuhr erst durch amerikanis­che Kollegen von den Umtrieben in der Nachbarsch­aft. In den USA hatte man sich gefragt, was Privatpers­onen wohl mit 2000 Rizinussam­en vorhaben könnten. Das SEK stürmte daraufhin im Juni 2018 die Wohnung.

Yasmin H. und Sief Allah H. hören der Anklage weitgehend regungslos zu. Zu den Vorwürfen sagen sie kein Wort. Yasmin H.s Anwältin Basay-Yildiz will einen Freispruch erwirken, Sief Allah H.s Anwalt Serkan Alkan sagt das nicht so deutlich. Denn die Vorwürfe haben es in sich. Das Ehepaar hat offenbar sehr gut zusammenge­arbeitet.

Yasmin H. hatte laut Anklage die Rolle der Geldgeberi­n. Weil eine gemeinsame Ausreise nach Syrien am Einverstän­dnis des Vaters von Yasmin H.s Kindern scheiterte, versuchte Sief Allah H. zweimal alleine in das Gebiet des IS vorzudring­en. Die Flüge und Hotels buchte seine Frau für ihn. Sie überwies ihm auch 370 Euro. Aber beide Versuche, sich

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