Bürger darf Hygiene-Berichte verlangen
Das Interesse der Öffentlichkeit an einer raschen Information über mögliche Verstöße gegen Lebensmittel-Vorschriften ist wichtiger als das Interesse von Untenrehmern an einer Geheimhaltung der Kontrollberichte.
DÜSSELDORF Dürfen Bürger von Behörden Hygiene-Berichte über Gastronomieund Lebensmittel-Betriebe verlangen? Es ist eine Frage, die Bürger, Gastronomen, Verbraucherorganisationen, den Deutschen Hotelund Gaststättenverbandesststättenverband und die Gerichte schon lange beschäftigt.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat einen solchen Anspruch in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss bejaht. Das Gericht entschied in einem Eilrechtsschutzverfahren, dass der Kreis Mettmann Informationen über Lebensmittelkontrollen bei einem Ratinger Lebensmittel-Großhandel an einen Bürger herausgegeben darf. Die Kammer wies damit den Eilantrag des Marktbetreibers ab, der die Herausgabe der Berichte verhindern wollte. Die Richter entschieden damit genauso wie jüngst Gerichte in Cottbus und Mainz (beide im Eilrechtsschutzsverfahren). In einem Hauptverfahren hatte vor Kurzem auch das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage eines Gastronomen abgewiesen. Aders sah es hingegen das Verwaltungsgericht Regensburg, das zugunsten eines Betriebs entschied.
Im vorliegenden Fall hatte ein Verbraucher vom Kreis Mettmann die Herausgabe der Hygieneberichte aus zwei vorangegangenen Kontrollen bei dem Großhandel verlangt, für den Fall, dass es da zu Beanstandungen gekommen sei. Er berief sich auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Die Berichte verlangte er mittels der Online-Plattform „Topf Secret“von Foodwatch und der Transparenz-Initiative „FragDenStaat“.
Foodwatch und die Initiative FragDenStaat hatten die Plattform Anfang Januar gegründet. Verbraucher sollen so die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants oder Lebensmittel-Betrieben abfragen und veröffentlichen können. Sie müssen über das Portal nur nach dem Betrieb suchen, dessen Hygieneberichte sie interessieren. Foodwatch teilt daraufhin die Adresse der zuständigen Kontrollbehörde mit und stellt dem Anfragsteller ein vorgefertigtes Anschreiben an die Kontrollbehörde zur Verfügung. Erhält der Antragsteller den Hygienebericht, kann er ihn auf dem Portal „Topf Secret“hochladen.
Der Kreis Mettmann hatte dem Antrag des Verbrauchers, den der über das Online-Portal stellte, stattgegeben und angekündigt, die Kontrollberichte zu herauszugeben. Dagegen wandte sich der Marktinhaber. Doch nach Auffassung der Kammer überwiegt „das Interesse der Öffentlichkeit an einer zeitnahen Information über Rechtsverstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften das Interesse der Marktinhaberin an einer Geheimhaltung der Kontrollberichte“. Zudem sei die Veröffentlichung der Berichte über das Portal „Topf Secret“zulässig.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) teilt die Auffassung der Richter nicht. „Nach unserer Auffassung gilt in solchen Fällen das Lebensmittelrecht, konkret § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG)“, sagt Dehoga-Geschäftsführerin Ingrid Hartges. In diesem sei klar definiert, wann und unter welchen Voraussetzungen die zuständigen Behörden Hygieneverstöße veröffentlichen dürften. „Der Gesetzgeber stellt nicht ohne Grund erhöhte Anforderungen an die Veröffentlichung von Hygieneberichten, denn es sind immer auch die schützenswerten Interessen der Unternehmer zu berücksichtigen“, sagt Hartges.
Der Kreis Mettmann müsse die Berichte nun jedenfalls herausgeben, sofern der Markt-Betreiber beim Oberverwaltungsgericht in Münster keine Beschwerde gegen den Beschluss einlege, teilte ein Gerichtssprecher am Freitag auf Nachfrage mit.