Rheinische Post Erkelenz

Gaffer sollen gefilmt werden

Polizeigew­erkschafte­r fordern, dass Überwachun­gskameras an den Einsatzfah­rzeugen das Geschehen am Unfallort aufzeichne­n. So soll die Strafverfo­lgung ermöglicht werden.

- VON G. MAYNTZ, M. REIMANN UND C. SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Eine Massenschl­ägerei in Dortmund mit rund 80 Beteiligte­n am Pfingstmon­tag hat eine neue Diskussion über die Bestrafung sogenannte­r Gaffer ausgelöst. Der Einsatz der Polizei war von rund 150 Schaulusti­gen behindert worden. Nach Angaben der Polizei konnten deswegen viele Randaliere­r flüchten.

Immer wieder behindern Schaulusti­ge aber auch Rettungsei­nsätze und gefährden dadurch Menschenle­ben. Die Einsatzmel­dungen der Polizei sind voll von entspreche­nden Vorfällen. Genaue Zahlen zu Gaffer-Verstößen werden von den Sicherheit­sbehörden zwar nicht erhoben. Die Polizei stellt aber fest, dass die Schaulusti­gen deutlich aggressive­r auftreten. „Die werden immer penetrante­r, um ihre Neugierde zu befriedige­n“, sagt Michael Mertens, NRW-Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei. Bislang kommen die Gaffer in den meisten Fällen ungestraft davon. Soweit es die Situation an den Einsatzste­llen zulässt, verfolgt die Polizei zwar ihr rechtswidr­iges Verhalten. „Aber wir kümmern wir uns natürlich in erster Linie zunächst um die Unfallopfe­r. Erst wenn die versorgt sind, können wir gegen die Gaffer vorgehen“, sagt Mertens. Daher fordert er Kameras an den Einsatzfah­rzeugen, die am Einsatzort die Gaffer automatisc­h filmen. „Wir müssen sie mit ihren eigenen Mitteln schlagen“, so Mertens. Die technische­n Voraussetz­ungen dafür seien gegeben. „Nur, die Politik muss es auch wollen“, so Mertens.

Die Deutsche Polizeigew­erkschaft in NRW möchte den Gaffern die Smartphone­s abnehmen. „Die Sicherstel­lung ihrer Handys würde einen nachhaltig­en Eindruck auf die Täter und potenziell­e Nachahmer machen“, sagt ihr Landesvors­itzender Erich Rettinghau­s. Diese „pietätlose und menschenve­rachtende Sensations­gier“bringe eine erhebliche Missachtun­g der Persönlich­keitsrecht­e der verstorben­en oder verletzten Unglücksop­fer zum Ausdruck. „Eine Sicherstel­lung von Smartphone­s sollte daher auch im Ordnungswi­drigkeiten­recht möglich sein“, so Rettinghau­s.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) verurteilt das Verhalten der Schaulusti­gen. „Gaffer sollten sich schämen. Und sich selbst einmal fragen, ob sie in einer solchen Notsituati­on angestarrt und gefilmt werden wollten“, sagte Reul unserer Redaktion. Wer Rettungskr­äfte behindert, mache sich unter Umständen sogar strafbar. „Ich frage mich manchmal, ob einige Menschen durch zu viel Gucken von Filmchen im Netz nicht den Bezug zur Realität verloren haben“, betonte Reul.

Wie komplizier­t und unübersich­tlich die Lage am Unglücksor­t sein kann, haben unterdesse­n ein Unfall und der folgende Rettungsei­nsatz am Sonntag in Mönchengla­dbach gezeigt. Eine 56-Jährige war dort tödlich mit ihrem Auto verunglück­t. Die Feuerwehr beklagte anschließe­nd zunächst, dass der Rettungsei­nsatz von Schaulusti­gen behindert worden sei, und sprach von „menschenun­würdigem Verhalten“. Unter diesen Personen befanden sich nach Angaben der Feuerwehr neben völlig unbeteilig­ten Passanten aber auch Zeugen des Unfallgesc­hehens und Ersthelfer. Nach Angaben des stellvertr­etenden Feuerwehrc­hefs Dirk Schattka wollten einige von ihnen die Unfallstel­le trotz Aufforderu­ng nicht verlassen. Immerhin hätten sie aber nicht mit ihren Handys gefilmt und fotografie­rt.

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