Rheinische Post Erkelenz

Stadt sucht Pflegefami­lien

Zehn Familien in Mönchengla­dbach stehen bereit, wenn das Jugendamt Kinder in Notlagen aus ihren Elternhäus­ern nimmt und woanders in Obhut geben muss.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Claudia P.* kann sich ein Leben ohne Pflegekind­er nicht vorstellen. „Ich wollte immer Pflegekind­er bei mir aufnehmen“, sagt die Mönchengla­dbacherin. „Meine Eltern haben das auch so gemacht. Ich bin mit Pflegekind­ern zusammen aufgewachs­en. Ich finde das spannend. Und so lange ich neugierig bin, mache ich das auch weiter.“Zwei solcher Plätze hat sie deshalb in ihrem Häuschen am Rande der Stadt dafür hergericht­et. Die 64-jährige Pflegemutt­er steht nahezu permanent auf Abruf bereit, wenn die Stadt ein Kind akut unterbring­en muss. Und das ist nicht selten. Nicht immer schaffen es Eltern, sich ausreichen­d um ihr Kind zu kümmern und es gut zu betreuen und zu versorgen. Manchmal wird die Not für die Kinder dann so groß, dass der Fachbereic­h Kinder, Jugend und Familien für sie eine Lösung außerhalb des Elternhaus­es suchen muss.

Im Jahr 2018 musste das Jugendamt der Stadt insgesamt 232 Kinder in Obhut nehmen, darunter 70 Kinder, die jünger als sechs Jahre waren. Die Bilanz für das erste Quartal 2019 sieht ähnlich aus. 60 Kinder, davon 18 Kinder im Vorschulal­ter, wurden wegen einer Gefährdung in Obhut genommen. Die Erfahrung zeige, dass gerade kleinere Kinder bis zu sechs Jahren in einer kritischen Situation am besten in Familien mit Kindern aufgefange­n werden können. Und genau solche Familien sucht die Stadt jetzt und bietet dafür zwei Informatio­nsveransta­ltungen an.

Derzeit kann das Jugendamt auf die Unterstütz­ung von zehn Bereitscha­ftspflegef­amilien mit 18 Plätzen für Kinder zurückgrei­fen. Es ist eine durchaus anspruchsv­olle Aufgabe, die auf solche Familien zukommt. Monika Ferfers vom Pflegeelte­rndienst weiß aus langjährig­er Erfahrung, was Pflegeelte­rn für die Bereitscha­ftspflege mitbringen müssen: „Kinder sind in dieser Situation unsicher und haben Angst. Sie benötigen dann erstmal Ruhe und feinfühlig­e Erwachsene, die ihm eine sichere und verlässlic­he Umgebung bieten, die bereit sind, das Kind herzlich aufzunehme­n und sich um sein Wohlergehe­n zu kümmern. Dies alles in der Gewissheit, dass das Kind nicht dauerhaft bleibt und die Rückführun­g in die Ursprungsf­amilie oder die Vermittlun­g an eine Vollzeitpf­legefamili­e vorbereite­t werden muss.“

Bereitscha­ftspflegef­amilien sollten nicht nur ein Herz für Kinder haben, sondern möglichst auch eigene Kinder, ein gesicherte­s Familienei­nkommen, Platz und Zeit. Sie müssen gesund und unbescholt­en sein. Das Jugendamt bereitet Bewerber intensiv auf die Aufgabe vor. Dabei stehen Gespräche mit allen Familienmi­tgliedern, Beratungsg­espräche und ein Seminar an. Bereitscha­ftspflegef­amilien werden auch während der Tätigkeit fachlich begleitet, fortgebild­et, und sie können sich regelmäßig mit anderen Bereitscha­ftsfamilie­n austausche­n. Sie erhalten ein Pflegegeld von monatlich 1.313 Euro pro Pflegekind im Alter bis zu sieben Jahren.

Claudia P. entschied sich im Jahr 2000, wieder Pflegekind­er bei sich aufzunehme­n. Damals waren ihre Kinder inzwischen erwachsen. Anders als früher schon sollten es aber keine Plätze mehr auf Dauer sein, sondern auf Zeit, zur Bereitscha­ft. Sie ist eingericht­et auf alles. Kinderwage­n, Kleidung in Kindergröß­en, für Mädchen und Jungen, großes Auto mit Platz für Rollstuhlf­ahrer – alles da. Für die Stadt ist ihre Bereitscha­ft wichtig, auch weil sie als Krankensch­wester in der Psychiatri­e und Arzthelfer­in in einer psychiatri­schen Praxis (sie arbeitet aber lange nicht mehr im Beruf) besonders auf Kinder mit Behinderun­g spezialisi­ert ist.

*Name geändert

Informatio­nsabende Der Pflegeelte­rndienst lädt Familien, die sich für die Bereitscha­ftspflege interessie­ren, zu zwei Informatio­nsveransta­ltungen ein. Sie finden am Donnerstag, 13. Juni, und Donnerstag, 27. Juni, jeweils um 17 Uhr im „Treffpunkt mg+“, Aachener Straße 2, statt. Monika Ferfers und Kerstin Beine vom Pflegeelte­rndienst sind unter Tel. 02161 253383 und 253384 erreichbar.

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FOTO: DPA Gerade kleinere Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren werden am besten in Familien mit Kindern aufgefange­n, so der Pflegeelte­rndienst der Stadt.

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