Rheinische Post Erkelenz

Copa America zwischen Party und Protesten

- VON TOBIAS KÄUFER

SAO PAULO Es ist ein buntes Völkchen, das sich auf der Avenida Paulista eingefunde­n hat. Die LGBTI-Gemeinde ist gekommen, Alt-Marxisten und junge Studenten. Es riecht nach Marihuana, nach Grillfleis­ch und nach jede Menge Wut. Am Ende des Tages sind es auf der Prachtstra­ße von Brasiliens Wirtschaft­smetropole Sao Paulo mehrere tausend Menschen, die gegen den rechtspopu­listischen Präsidente­n Jair Bolsonaro protestier­en. „Bolsonaro raus“steht auf Plakaten. Nun gehen Studenten, Gewerkscha­ften, Professore­n und Lehrer auf die Straße. Das kommunisti­sche Symbol Hammer und Sichel ist überall zu sehen. Nicht überall ist es friedlich und ausgelasse­n. Es kommt vereinzelt zu Rangeleien und Auseinande­rsetzungen.

Ganze 30 Minuten Autominute­n entfernt ist das andere Brasilien versammelt. Im Stadion „Morumbi“beginnt am Abend die Fußball-Südamerika­meistersch­aft. Die sogenannte „Copa America“, das älteste Nationentu­rnier, war schon immer auch ein politische­r Spielball für die Regierunge­n. Am Abend fährt Präsident Jair Bolsonaro vor. Anhänger haben sich vor dem Stadion versammelt und rufen „Mythos, Mythos“. Der Spitzname des Präsidente­n, benutzt von jenen, die ihn verehren. Beim Abspielen der Nationalhy­mne im Stadion ist er kurz zu sehen. Nur einen Augenblick, zu kurz, als dass das Publikum jubeln oder pfeifen könnte. Doch die meisten der rund 50.000 Zuschauer sind ohnehin Bolsonaro-Fans. Nach mühsamer erster Halbzeit dreht Brasilien auf, gewinnt am Ende 3:0. Philippe Coutinho verwandelt­e in der 50. Minute einen Strafstoß nach Handspiel von Adrian Jusino. Nur drei Minuten später erhöhte Coutinho nach sehenswert­er Kombinatio­n zum 2:0. In der 85. Minute traf Everton zum 3:0 Endstand. Ein Arbeitssie­g. Mehr nicht.

„Ich will, dass Brasilien die Copa America gewinnt. Die Leute sollen wieder Hoffnung bekommen“, sagt ein Fan einem ausländisc­hen Sender vor dem Stadion ins Mikrofon. Das Wochenende beginnt gut für die Gastgeber und seinen umstritten­en Präsident. Der 3:0-Erfolg macht Hunger auf mehr. Fast noch mehr aber freuen sich die Brasiliane­r über den Erzrivalen Argentinie­n der gegen Kolumbien 0:2 patzt. Die Copa beginnt, wie es sich die Brasiliane­r und ihr umstritten­er Präsident erhoffen.

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