Zickler arbeitet an Borussias Abschluss
Der neue Offensiv-Trainer setzt unter anderem auf klassische Torschussübungen und Wiederholung. Präzision setzt er voraus.
Borussia holte Breel Embolo und Marcus Thuram nach dem Abgang des Belgiers. Wir machen den Check, wie gut sie ihn ersetzen.
Ein Franzose und ein Schweizer sollen das Loch stopfen, das ein Belgier hinterlassen hat. Nach dem Abgang von Thorgan Hazard, der für 25,5 Millionen Euro (die Ablöse kann aufgrund von Bonuszahlungen auf über 30 Millionen Euro ansteigen) zu Borussia Dortmund gewechselt ist, gab es Handlungsbedarf in der Offensive der Borussen. Doch Sportdirektor Max Eberl und Trainer Marco Rose haben sich darauf geeinigt, den Top-Scorer der vergangenen Saison nicht „Eins zu Eins“zu ersetzen, sondern gleich zwei neue Spieler zu installieren, die zukünftig für Furore sorgen sollen.
Breel Embolo, für eine Grundablöse von zehn Millionen Euro, die noch auf 15 Millionen Euro ansteigen kann, von Schalke 04 gekommen, und Marcus Thuram, für den Gladbach ebenfalls zehn Millionen Euro an EA Guingamp überwiesen hat, sind die neuen Männer im Sturm der Borussen. Die Frage ist nun: Können sie den Abgang von Hazard kompensieren?
Embolo brachte es in der vergangenen Saison auf neun Scorerpunkte (fünf Tore, vier Assists) in der Bundesliga, Thuram war in der französischen Ligue 1 an zehn Treffern beteiligt – neunmal traf er selbst, einmal legte er vor. Ihre gemeinsame Leistung von 19 Scorerpunkte übertraf Hazard alleine in seiner letzten Spielzeit bei Borussia. Er war an 21 Toren beteiligt, traf dabei elfmal selbst und legte zehn Treffer auf.
Aber: Gerade in der Rückrunde hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, Für Alexander Zickler waren die Trainingslager-Tage in Rottach-Egern fast eine Heimkehr. Den Sportplatz am Birkenmoos kennt Borussias neuer Offensiv-Trainer bestens, schließlich war er, als er noch für den FC Bayern spielte, oft hier. Unweit des Platzes residierten die Münchener im Hotel „Bachmair Alpina“. Sein neuer Arbeitgeber war wie üblich im Hotel „Überfahrt“am Ufer des Tegernsees untergebracht, doch die Laufwege im Ort und drumherum kennt Zickler noch.
Sein Job in Gladbach ist, den Borussen, vor allem denen aus der Abteilung Attacke, in Sachen Abschluss Tipps zu geben, um die Quote zu verbessern. Seine Kern-Gruppe ist noch mal gewachsen. Marcus Thuram ist dazu gekommen. Und somit ein Mann, der viel Wucht und Tempo mitbringt. Zickler gefällt die Mischung in der Offensiv-Abteilung. „Ich finde es cool, so viele verschiedene Stürmertypen zu haben. Wenn man Typen hat, die sich auch mal ins Mittelfeld fallen lassen, dort auch mal an Kombinationen beteiligt sind, Typen, die dynamisch sind, die man schicken kann, die Eins-gegen-Eins-Situationen suchen, Spieler, die mal einen Ball klatschen lassen oder in die Schnittstellen spielen. Je mehr Optionen man hat, die man kombinieren kann, umso besser ist es für einen Trainer. So sind wir schwerer auszurechnen“, sagte er zuletzt im Interview mit unserer Redaktion.
Wie sein Chef Marco Rose konnte Zickler in den ersten drei Wochen der Vorbereitung viel Bildmaterial einsammeln und erste Praxisübungen machen. Er setzt unter anderem auf klassische Abschlussübungen: Dribbling, Schuss, Ablage, Schuss, Hereingabe von außen, Abschluss. Ohne Schnörkel, ohne Schnickschnack. „Natürlich kann man die Übungen immer erweitern. Aber wenn es vor allem um den Abschluss geht, kann es relativ einfach gehalten werden“, sagt Zickler. Es geht ihm darum, den Borussen einzuimpfen, dass nur der Tore machen kann, der es auch versucht. Bei den Übungen soll „jeder pro Durchgang drei-, viermal zum Abschluss kommen“. Zickler setzt voraus, dass dabei präzise gearbeitet wird. „Es ist schon wichtig, dass man auch das Tor trifft“, sagte er. Dazu bedarf es der nötigen Konzentration bei jedem Schuss.
Beim 5:1 gegen Basaksehir FK klappte das vor allem vor der Pause gut, gegen Rayo Vallecano gab es einige gute Abschlüsse, auch aus der Distanz, doch fehlte zunächst die Präszision, bis Michael Cuisance per Elfmeter und Christoph Kramer trafen. Kramers Tor war der 16. Treffer der Borussen in der Vorbereitung. Acht davon entfallen auf das erste Testspiel gegen den Landesligisten 1. FC Mönchengladbach, fünf gab es gegen den türkischen Vizemeister Basaksehir, zwei gegen Rayo Vallecano und eins gegen 1860 München. Ohne Tor blieben die Gladbacher im 45-Minuten-Spiel gegen den FC Augsburg sowie in je einer Halbzeit gegen den 1. FC und Rayo Vallecano.
Bester Torschütze ist bislang Michael Cuisance mit vier Treffern, drei hat Alassane Plea beisammen, zwei Raffael und je eins Patrick Herrmann, Laszlo Bénes, Jonas Hofmann, Keanan Bennetts, Jacob Italianio, Stefan Lainer und eben Kramer.
Was aufgefallen ist: Es gab unter anderem von Cuisance, Raffel und Herrmann recht brauchbare Freistoß-Versuche, auch wenn sie nicht den Weg ins Ziel fanden. In der vergangenen Saison stand in dieser Disziplin die Null. Dies und einige verpasste Chancen in den Testspielen sind Ansätze Zicklers, weiter an Borussias Abschluss zu arbeiten. die Last nicht nur auf eine Schulter zu verteilen. Hazard konnte seine Leistungen der ersten Saisonhälfte da nicht wiederholen. Dennoch gab es keinen Weg an dem Belgier vorbei. Er spielte immer, die Hoffnungen auf die Rückkehr zur Hinrunden-Form blieb aber lange unerfüllt – und so blieben unter anderem deswegen die Ergebnisse aus.
In der ersten Rose-Saison will Gladbach nicht mehr abhängig von einem Spieler sein. Mit Embolo und Thuram kamen zwei Männer, die regelmäßig „scoren“können. Michael Cuisance erweckt in der bisherigen Vorbereitung den Eindruck, seine Bilanz ebenfalls verbessern zu können, auch Jonas Hofmann und Denis Zakaria sind offensiv gefährliche Spieler. Patrick Herrmann, Raffael und Lars Stindl, der aber wohl erst in der zweiten Hinrundenhälfte spielen kann, sind für einige Tore und Assists gut. Und von dieser Vielzahl an starken Angreifer profitiert auch der gefährlichste Stürmer in den Gladbacher Reihen. Alassane Plea präsentiert sich bislang in einer Form, in der ihm zuzutrauen ist, die Marke von zwölf Toren, die er in seiner ersten Bundesliga-Saison erzielte, zu übertreffen.
Was außerdem dafür spricht, dass der Hazard-Abgang nicht so sehr schmerzen wird: die neue Spielweise. Denn die Anforderungen sind andere geworden. Die kontrollierte Art der Vergangenheit brauchte geniale Einzelmomente, die vor allem der Belgier mit seinen Läufen brachte. Nun sollen die Bälle „hoch“gewonnen werden, die Wege zum Tor kurz sein. Da ist ein schnörkelloses, geradliniges Spiel gefragt, um schnell zum Erfolg zu kommen. Mit Embolo und Thuram hat Borussia zwei Spieler verpflichtet, denen der Klub das zutraut. Obendrein sind beide noch nicht auf ihrem Zenit. Die Stürmer haben Verträge bis 2023 und großes Potenzial, sportlich und finanziell. Vielleicht sind sie in einigen Jahren die nächsten Hazards, also Spieler, die Borussia für viel Geld weiterverkauft. Für sie hat Eberl nicht mal die Summe investiert, die er alleine für Hazard eingenommen hat. Das könnte sich auszahlen.