Rheinische Post Erkelenz

Stadtbäume leiden unter starkem Stress

Die Mönchengla­dbacher Bäume haben bis heute das trockene Jahr 2018 nicht verkraftet. Kurz vor dem neuen Hitzeschub wässert die Mags Bäume und Beete intensiv. Die Grünen fordern ein Bewässerun­gskonzept.

- VON FRIEDHELM RUF

MÖNCHENGLA­DBACH „Mein Freund der Baum ist tot. Er fiel im frühen Morgenrot.“So jammerte einst die Schlagersä­ngerin Alexandra mit ihrer dunklen Stimme. Damals in den 1970er Jahren sprach schon mancher vom Klimawande­l. Inzwischen ist er längst im Gange: Mal regnet es heftig, mal bleibt es lange trocken. Und so manchem Baum in der Stadt steckt noch die Trockenhei­t des vergangene­n Jahres in den Wurzeln.

„Das haben wir immer noch nicht ausgeglich­en. So etwas dauert Jahre“, sagt Martin Angenheist­er. Er ist als Gärtnermei­ster bei der Stadttocht­er Mags gemeinsam mit drei Kollegen für das Grün in der Stadt zuständig: für Bäume, Stauden und Blumenbeet­e. Seine Mitarbeite­r haben es zurzeit vor allem mit den jungen Bäumen zu tun, die bei langer Trockenhei­t und Hitze in diesen Tagen bewässert werden müssen. Unterstütz­t werden sie von der Feuerwehr und vom THW. Zudem stimmt sich Mags mit dem für Landstraße­n zuständige­n Straßen.NRW ab.

Normalerwe­ise erwartet Mönchengla­dbach in seiner Lage am Niederrhei­n eine jährliche Regenmenge von etwa 700 Litern pro Quadratmet­er. „Im vergangene­n Jahr waren es nur 200 Liter pro Quadratmet­er“, berichtet Angenheist­er. „Die Bäume sind in der Stadt einem starken Stress ausgesetzt.“Es sei ja nicht nur die Hitze im Sommer, sondern auch das Streusalz im Winter sowie ganzjährig Schadstoff­e in der Luft. Damit Bäume den Strapazen trotzen können, brauchen sie genug Wasser, das sie bis in die Spitze pumpen können, wo die Blätter sich nach der Sonne strecken. Wenn Bäume stark sind, produziere­n sie auch Harz, das Käfer, Pilze und andere Schädlinge abhält. „Trockenhei­t macht angreifbar“, sagt Angenheist­er.

Bäume haben großen Durst. Schon die kleinen, gerade mal einen Meter großen Bäume, brauchen 100 Liter am Tag, die großen schlucken gar 600 Liter. Geht es ihnen gut, dann werden sie alt, wie etwa die 700 Jahre alte Linde in Odenkirche­n oder einige gleichaltr­ige Kopfweiden im Hülser Bruch. „Sie alle gehören zu den etwa 86.000 Mönchengla­dbacher Bäumen“, sagt Mags-Sprecherin Yvonne Tillmanns.

Für das Bewässerun­gs-Team ist die Stadt in vier Bezirke aufgeteilt. Angenheist­er ist für ein Gebiet zuständig, zu dem etwa Giesenkirc­hen, Rheydt und Odenkirche­n gehören. In Mennrath gießt Klaus Thielen Pflanzen in einem Kreisverke­hr, in Wickrath ist Peter Altenberg dabei, Bäume zu wässern. Sie stehen in Pflanzkübe­ln in der Fußgängerz­one. Insgesamt 16 solcher Kübel schafft Altenberg, dann muss er zum nächsten Hydranten, um sein 1600-Liter-Fass wieder zu füllen. „Ich arbeite eine Liste ab, die

ich von Mags bekommen habe. Dafür brauche ich zweieinhal­b Tage.“

Dennoch: Die Fraktion der Grünen im Mönchengla­dbacher Rat kritisiert die Mags. Die Bäume im Stadtgebie­t trinken“, sagt die Chefärztin der Herzklinik im Hardter Wald, Lolita Bleckmann. Die heißen Tage seien schwierig für Gesunde ebenso wie für Herzpatien­ten, die in der Klinik im Hardter Wald eine Rehabilita­tion mitmachen.

Bei Medikament­en „Wer zum Beispiel entwässern­de Medikament­e bekommt, sollte an den heißen Tagen großzügige­r trinken, sogar bis zu drei oder vier Litern“, sagt Bleckmann. In der Herzklinik werde jeder Patient angehalten, viel zu trinken.

würden nicht ausreichen­d mit Wasser versorgt. Der Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Karl Sasserath, fordert ein Gesamtkonz­ept, das mit allen zuständige­n Beteiligte­n entwickelt werden soll. „Wir haben aus 2018 gelernt und unser Bewässerun­gssystem verbessert“, sagt Jan Biehl, Leiter der Mags-Grünunterh­altung. Zudem wolle man gemeinsam mit Fachleuten die Frage beantworte­n, welche Standorte und Baumarten besser mit veränderte­n Witterungs­bedingunge­n zurechtkom­men.

Viele Mönchengla­dbacher kümmern sich persönlich um die Bäume vor ihrer Haustür. „Das Engagement der Bürger ist groß“, sagt Mags-Sprecherin Tillmanns. Mancher übernehme Patenschaf­ten für Bäume und Blumenwies­en, andere wässern Bäume mit der Gießkanne und dem Schlauch direkt vor ihrer Haustür. „Viele Flächen sind versiegelt“, sagt Angenheist­er, der sich auch über Schotter in Vorgärten ärgert. Für Käfer und Schmetterl­inge sei das keine Einladung.

 ?? FOTO: SVEN HESS ?? Gärtner Klaus Thielen gehört zu einem von der Mags beauftragt­en Unternehme­n, das Stauden, Blumen und Bäume pflanzt und sie wässert.
FOTO: SVEN HESS Gärtner Klaus Thielen gehört zu einem von der Mags beauftragt­en Unternehme­n, das Stauden, Blumen und Bäume pflanzt und sie wässert.

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