Rheinische Post Erkelenz

Sparkasse schlägt Kanzleramt

Die Gehälter der Sparkassen­chefs lösen mitunter öffentlich­e Aufregung aus. Die Institute sagen, sie hielten sich bei den Vorstandsv­ergütungen an die Verbandsem­pfehlungen. Es gibt aber auch üppige Pensionszu­sagen.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Zu den wesentlich­en Erinnerung­en an den früheren Bundesfina­nzminister Peer Steinbrück gehört ein Satz, den der SPD-Politiker vor sieben Jahren sagte: „Nahezu jeder Sparkassen­direktor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“Was viele empörte, weil Steinbrück, seinerzeit als Kanzlerkan­didat seiner Partei für die Bundestags­wahl 2013 ausgeguckt, schon mal die Bezahlung des Jobs rüffelte, den er nicht bekam. Tenor: Politiker werden viel zu schlecht bezahlt.

Tatsache ist: Bundeskanz­lerin Angela Merkel kassiert rund 350.000 Euro im Jahr. Das liegt tatsächlic­h deutlich unter den Bezügen vieler Sparkassen-Vorstände – auch in der Region. Düsseldorf­s Sparkassen-Chefin Karin Göbel kommt laut Geschäftsb­ericht allein auf 580.000 Euro Festgehalt, dazu kommen mehr als 150.000 Euro an variablen Bezügen (beispielsw­eise Boni) und geldwerte Vorteile wie ein Dienstwage­n. Bei ihrer Krefelder Kollegin Birgit Roos und dem Duisburger Sparkassen-Chef Joachim Bonn lag das Gehalt auch deutlich über einer halben Million Euro. Bei den Kölner Sparkassen liegen die Beträge noch deutlich höher (siehe Tabelle).

Ist das zu viel? Zahlen, die jetzt das Finanzport­al „Finanzszen­e.de“veröffentl­ichte, sorgen bei einigen für neue Erregung. Das Portal hat die Vergütunge­n der Vorstandsm­itglieder untersucht und festgestel­lt: „Bei mindestens 40 deutschen Sparkassen-Managern haben sich Bezüge und Pensionsrü­ckstellung­en zuletzt auf mehr als eine Million Euro summiert.“Das klingt gewaltig. Aber: Institut

Alexander Wüerst Kreisspark­asse Köln

Artur Grzesiek** Sparkasse Köln Bonn

Karin-Brigitte Göbel Stadtspark­asse Düsseldorf

Hubert Herpers Sparkasse Aachen

Uwe Samulewicz Sparkasse Dortmund

Volker Behr** Sparkasse Essen

Joachim Bonn Sparkasse Duisburg

Birgit Roos Sparkasse Krefeld

Hartmut Wnuck

Sparkasse Mönchengla­dbach

Michael Schmuck Sparkasse Neuss

Karl-Heinz Bollmann Stadtspark­asse Bocholt Gesamt-Bezüge davon Festgehalt Bezüge, sowohl fixe als auch variable, sind Jahresentg­elte, während Pensionsrü­ckstellung­en ür die späteren Pensionsza­hlungen zurückgele­gt werden, also kein laufendes Entgelt sind.

Also ist eine Million natürlich nicht gleichbede­utend mit dem Jahressalä­r. Entspreche­nd kritisiert der rheinische Sparkassen­und Giroverban­d (RSGV): „Diese Darstellun­g des Gehaltes von Sparkassen­vorständen ist irreführen­d.“Kritikpunk­t: Die Zuführung zu den Pensionsrü­ckstellung­en seien zum Jahresgeha­lt hinzugerec­hnet worden, seien aber für spätere Pensionsza­hlungen für Vorstände gedacht.

Umgekehrt sind die Pensionsrü­ckstellung­en stärker gestiegen als in vielen Vorjahren. Das hat damit zu tun, dass sich die Sparkassen in der Niedrigzin­sphase wie andere auch schwer tun, am Kapitalmar­kt genug zu verdienen, um die künftigen Zusagen sicher bedienen zu können, und daher mehr aus dem laufenden Geschäft zurücklege­n müssen. Ob diese Zusagen in der Vergangenh­eit nicht zu üppig ausgefalle­n sind, ist eine andere Frage.

Was auffällt: In den Vergütungs­empfehlung­en des Rheinische­n Sparkassen- und Giroverban­des (RSGV) stehen Jahresentg­elte, die sich unter anderem an Bilanzsumm­e, Kreditvolu­men und dem Bestand an Kundenwert­papieren orientiere­n. Daraus entsteht eine Bewertungs­ziffer als Maßstab. In dieser Tabelle kommen bei etwa 11,8 Milliarden Euro Kennziffer knapp 400.000 Euro Festgehalt zusammen. Für die großen Sparkassen, die allein anhand der Bilanzsumm­e schon deutlich über 11,8 Milliarden kommen, lägen die Bezüge deutlich darüber. Alle Sparkassen betonen aber, dass sie unter den Empfehlung­en des Verbandes bleiben. Und: Die Gehälter bewegten sich im marktüblic­hen Rahmen, heißt es. Das ist für manche kein Argument. „So hohe Fixgehälte­r im Sparkassen-Lager bedienen die Neiddebatt­e“, heißt es selbst aus den eigenen Reihen. Die mehr als 830.000 Euro Festvergüt­ung für den Kölner Kreisspark­assen-Chef Alexander Wüerst sind für viele auch dann ein Aufreger, wenn sie deutlich unter dem RSGV-Standard liegen. „Wir begrüßen es, wenn man sich die Empfehlung­en des Verbandes hält, und appelliere­n an alle, ihrer Verantwort­ung gerecht zu werden“, sagt Arne Moritz, finanzpoli­tischer Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion.

Natürlich sind selbst die Spitzenbet­räge im Vergleich zu den einstigen Einkommen der Investment­banker bei der Deutschen Bank bescheiden. Aber jede einzelne Sparkasse erreicht ja auch nicht annähernd die Dimensione­n der größten deutschen Bank. Und dann ist da noch das Argument: Wer das Gemeinwohl im Sinne haben muss, sollte auch bei den Spitzengeh­ältern sparen. Das Entlohnung­ssystem bei den Sparkassen ist eben eines, auf das die Menschen noch empfindlic­her reagieren. „Die Sparkasse gehört uns Bürgern, da ist der Rechtferti­gungsdruck immer noch höher als bei anderen“, sagt Hans-Peter Burghof, Bankprofes­sor an der Uni Hohenheim. Er sagt aber auch: „Die Gehälter sind im Trend des Marktes. Und die Nachfrage ist deutlich höher als das Angebot, weil viele Wirtschaft­sstudenten beispielsw­eise lieber Marketing machen als Finanzen.“

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*ZAHLEN FÜR 2017 **NICHT MEHR IM AMT | QUELLE: FINANZSZEN­E.DE, EIGENE RECHERCHE

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