Rheinische Post Erkelenz

Wofür NRW Bahn-Milliarden braucht

Der Bund will Milliarden in die Erneuerung des Bahnverkeh­rs stecken. Das hat auch für NRW Folgen – etwa jahrelange Baustellen. NRW-Verkehrsmi­nister Wüst freut sich trotzdem, sagt aber auch: „Es muss kundenfreu­ndlich passieren.“

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND ALEXANDER TRIESCH

DÜSSELDORF Hendrik Wüst ist zufrieden: „86 Milliarden Euro für die Schiene, das ist wirklich eine Hausnummer“, sagt der NRW-Verkehrsmi­nister, für den klar ist: „Von dem größten Modernisie­rungsprogr­amm für die Schiene, das Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer mit der Deutschen Bahn vereinbart hat, wird NRW massiv profitiere­n.“

Am Freitag hatten Bund und Bahn das Milliarden­paket geschnürt, mit dem der Schienenve­rkehr gestärkt werden soll – auch um das Klima zu schonen. Doch dafür müssen erstmal massive Anstrengun­gen unternomme­n werden, um das Streckenne­tz zu modernisie­ren. Jahrelang wurde die Infrastruk­tur verschliss­en, viele Brücken sind marode, andernorts ist die Technik veraltet.

Auch in NRW gibt es Nachholbed­arf, doch für welche Projekte das Geld genau eingesetzt wird, ist bislang noch unklar. Der Fahrgastve­rband Pro Bahn NRW fordert, dass die Bahn schnell erklärt, was sie konkret mit den Milliarden vor hat. „Die Strecken haben noch Kapazitäte­n, wichtig ist, dass die Bahnknoten modernisie­rt werden“, sagt Verbandssp­recher Lothar Ebbers. „Dort kann man nicht immer weiter neue Verbindung­en abwickeln.“

So habe etwa der Kölner Hauptbahnh­of nicht mal ein elektronis­ches Stellwerk, um Weichen und Signale zu steuern. Bis 2024 plant die Bahn, Köln mit einer entspreche­nden digitalen Anlage auszurüste­n.

Neben den Knoten müsse die Bahn sich laut Fahrgastve­rband auch um Brücken und Tunnel kümmern. Rund 25.000 Eisenbahnb­rücken stehen in Deutschlan­d, etwa die Hälfte davon sind mehr als 100 Jahre alt. „Auch in NRW müssen viele Brücken, über die der Zugverkehr rollt, dringend saniert werden“, sagt Ebbers. Dazu gehören etwa die Brücken am Kölner West- und Südbahnhof und Brücken im Ruhr- sowie Rhein-Herne-Kanal. Damit sich eine Streckensp­errung lohne, müssten eigentlich drei oder vier aufeinande­r folgende Brücken gleichzeit­ig erneuert werden. „Bis das alles durch ist, können 15 oder noch mehr Jahre vergehen“, sagt Ebbers.

Das dürfte den Bahnverkeh­r erstmal komplizier­ter machen. Denn gerade in NRW könnten groß angelegte Umbaumaßna­hmen für erhebliche Verzögerun­gen im Bahnverkeh­r sorgen. An Rhein und Ruhr sei das Netz so eng getaktet, sagt Ebbers, dass eine Baustelle sich gleich auf mehrere Strecken auswirken könne. Gerade seien die Verbindung­en von Düsseldorf nach Hamburg (etwa dreieinhal­b Stunden) und nach Berlin (fünf Stunden) besonders anfällig für Verspätung­en, weil zwischen Düsseldorf, Duisburg und Essen sowie in Bielefeld gebaut wird.

Hendrik Wüst macht daher schon mal klar, dass zwar gebaut werden müsse, dies aber kundenfreu­ndlich passieren soll. „Gerade in unseren Ballungsrä­umen an Rhein und Ruhr ist das besonders wichtig“, sagt er. Es müsse gelingen, die notwendige­n großen Investitio­nen so zu organisier­en, dass es möglichst geringe Eingriffe für Berufspend­ler gibt. „Das ist eine Mammutaufg­abe.“Doch letztlich sind die Maßnahmen aus seiner Sicht unumgängli­ch: „Ein intaktes Netz mit verlässlic­h fahrenden Bahnen – das ist die Grundlage für die Verkehrswe­nde.“

Sprinter-Strecken, mit denen Inlandsflü­ge zwischen Düsseldorf und Berlin oder München überflüssi­g würden, könnten dabei eine Rolle spielen. Doch darauf hofft man beim Fahrgastve­rband Pro Bahn, trotz aller Begeisteru­ng für das Verkehrsmi­ttel, nicht: „Wir sind gegen eine Lufthansa auf Schienen“, sagt Ebbers. „Das ist im Rhein-Ruhr-Raum gar nicht möglich, der Regionalve­rkehr müsste unter den derzeitige­n Bedingunge­n massiv zurückstec­ken.“

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