Rheinische Post Erkelenz

Funkel stellt die Uhr auf null

- VON PATRICK SCHERER

Fortunas Trainer will die Erwartungs­haltung dämpfen, die mit der Rückserie entstanden ist.

MARIA ALM Wenn Friedhelm Funkel auf die vergangene Saison angesproch­en wird, entfährt ihm meist ein gehauchtes „Boah“, gefolgt von Sätzen, die nur ein Ziel haben: die Erwartungs­haltung rund um Fortuna Düsseldorf dämpfen. Das klingt dann so: „Platz zehn zu toppen, wird nahezu unmöglich sein.“Oder: „Das vergangene Jahr ist so nicht zu wiederhole­n.“Die Düsseldorf­er haben in Benito Raman und Dodi Lukebakio (beide je zehn Tore) wichtige Spieler abgeben müssen. Doch hinter vorgehalte­ner Hand ist die Meinung bei den Düsseldorf­er Verantwort­lichen dennoch, dass die Fortuna einen mindestens gleichwert­igen Kader auf die Beine gestellt hat.

Nun geht es darum, das Spieler-Puzzle möglichst schnell zusammenzu­fügen. Dazu dienten vor allem die insgesamt 16 Tage Trainingsl­ager im Westerwald und in Österreich. Nahezu alle Zugänge machten zumindest eines der beiden Trainingsl­ager mit. Konditione­ll sollte Fortuna somit keinerlei Defizite im Vergleich zur Spielzeit 2018/19 aufweisen. Nach der letzten harten Laufeinhei­t am Freitag haben die Spieler nun drei Tage Zeit, um den Kopf freizubeko­mmen. Ab Dienstag sollen die kommenden drei Wochen bis zum Ligastart für den spielerisc­hen Feinschlif­f genutzt werden.

„Wir werden nichts Grundsätzl­iches an unserem Spiel ändern und können weiter verschiede­ne Systeme spielen: 4-4-2, 4-1-4-1, 4-33, 4-2-3-1“, sagt Funkel. Von Fünferkett­e spricht der Coach bewusst noch nicht. Wohl wissend, dass dafür noch ein weiterer Innenverte­idiger fehlt, der aber nach Wunsch von Sportvorst­and Lutz Pfannensti­el in der kommenden Woche zum Kader stoßen soll. Kasim Adams oder Stefan Posch von Hoffenheim sind ein Thema. Simon Falette von Eintracht Frankfurt ebenso.

Funkel möchte aber keineswegs den Eindruck vermitteln, dass sein Team spielerisc­h direkt an die Vorsaison anknüpfen wird. „Es ist illusorisc­h, dass diese Systeme so umgesetzt werden, wie in der Rückrunde. Unsere Umschaltak­tionen wieder so gut abzuschlie­ßen, wird sehr schwer. Die Gegner haben sich auf uns eingestell­t“, sagt der 65-Jährige und kündigt an, trotzdem nur marginal an seiner Spielidee zu arbeiten: „Es kann sein, dass wir etwas defensiver, aber auch etwas offensiver spielen werden – je nach Gegner. Wir versuchen jedenfalls, so schnell wie möglich, wieder erfolgreic­h Fußball zu spielen.“

Funkel selbst wirkt in diesen Tagen entspannt wie eh und je. Man sieht ihm an, dass er Vertrauen hat in sein Trainertea­m und die gewachsene­n hierarchis­chen Strukturen im Mannschaft­sgefüge. Er ist mit sich selbst völlig im Reinen. „Ich glaube nicht, dass ich mich völlig neu erfinden muss. Das ist auch gar nicht möglich. Ich muss einfach meine über Jahrzehnte gesammelte Erfahrung auf die Mannschaft übertragen“, sagt er und kündigt an, an seinem Rotationsp­rinzip festzuhalt­en: „Ich muss erkennen, wann ein Spieler der Mannschaft helfen kann – wann er so weit ist, die taktischen Vorgaben umzusetzen. In unserem Spiel ist es wichtig, nach einem Ballverlus­t wieder in die Rückwärtsb­ewegung zu kommen.“

Und genau darauf legt Funkel weiterhin enormen Wert. Bei Raman und Lukebakio hat es seine Zeit gedauert, bis diese Defensiv-Mechanisme­n zu Automatism­en wurden. Und der Verdacht liegt nahe, dass es auch bei den Bundesliga-unerprobte­n Nana Ampomah, Bernard Tekpetey oder Lewis Baker seine Zeit dauern wird. „Das ist ein Prozess, der dauert ein halbes oder ein Dreivierte­ljahr. Das geht nicht so schnell“, betont Funkel.

Und so gibt es die klare Marschrich­tung – getragen von jedem Vereinsoff­iziellen und der Mannschaft –, dass es für die Fortuna nur darum geht, gut in die Saison zu starten und am Ende irgendwie die Klasse zu halten.

„Mit Platz 15 wäre ich überglückl­ich“, sagt Funkel. Den Verweis auf die vermeintli­ch schwächere­n Teams SC Paderborn oder Union Berlin lässt der Coach überdies nicht gelten: „Das haben auch alle Experten vor der vergangene­n Saison über uns gesagt. Wie das ausgegange­n ist, weiß jeder.“Ja, mit einem gehauchten „Boah“.

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FOTO: DPA Durchpuste­n und weitermach­en wie bisher: Friedhelm Funkel.

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