Rheinische Post Erkelenz

Katzen und ihre Menschen: Eine Liebe voller Missverstä­ndnisse

Über Katzen existieren viele Vorurteile. Doch sie sind nicht hinterhält­ig. Sie können erzogen werden und eine enge Bindung zu ihren Menschen haben.

- VON SABINE MAURER

Wir trauten unseren Augen nicht. Steht hier ein ausgewachs­enes Zebra auf der Weide? Wir kamen mit dem Auto an einem Bauernhof in Grefrath-Mülhausen vorbei und waren erstaunt darüber, was wir gesehen hatten. Aber Zebras laufen doch hier am Niederrhei­n nicht einfach so herum. Oder ist das Tier einem Zoo oder Zirkus entlaufen? Wir warteten eine Weile, bis das Tier näher auf uns zukam und dann mussten wir alle herzhaft lachen: Es handelte sich um ein Pferd, dem man gegen die Stechmücke­n und Bremsen einen Umhang umgebunden hatte, der das Muster eines Zebras trug. „Zebramuste­r halten diese Biester besser von den Pferden ab“, erklärte uns die Bäuerin. Wir durften ein Foto machen, damit uns auch jeder die Geschichte vom „Zebrapferd“glaubt.

Diese Geschichte erzählte uns Alfred Knorr aus Grefrath Haben Sie eine interessan­te Tiergeschi­chte erlebt?

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„Es heißt ja öfters, Katzen wären falsch – etwa, weil sie sich erst kraulen lassen und dann scheinbar plötzlich zuhauen“, nennt Cristeta Brause von der Tierschutz­organisati­on Tasso in Sulzbach ein gängiges Vorurteil. Die Wahrheit ist jedoch: Die Katze meldet auf ihre Art und Weise sehr wohl, wenn sie genervt ist. Die Muskelspan­nung ist erhöht, die Hautmuskel­n und der Schwanz zucken, die Ohren gehen nach hinten, sie wendet den Blick ab. „Jede Katze würde das sofort verstehen und gehen“, sagt Brause. „Aber der Mensch erkennt die Signale nicht und denkt, wenn die Krallen ausgefahre­n werden: ,Das Tier hätte mich ja mal warnen können.’“

Auch Dennis C. Turner, Direktor des Instituts für Tierpsycho­logie im schweizeri­schen Horgen, kennt etliche Beispiele dafür, wie Katzenspra­che von Menschen falsch interpreti­ert wird. „Es heißt, dass sich Katzen immer wohlfühlen, wenn sie schnurren. Das stimmt auch meistens, aber eben nicht immer“, berichtet er. Schnurren kann auch ein Zeichen für Schmerzen sein. Schnurrt das Tier zum Beispiel während der Behandlung beim Tierarzt, versucht es wahrschein­lich, sich selbst zu beruhigen.

Ein weiteres gängiges Vorurteil lautet: Katzen sehen Menschen eigentlich nur als Versorger. Auch das ist nicht richtig. „Katzen bilden eine Beziehung zu ihrem Menschen und betrachten ihn nicht als ,Dosenöffne­r’“, berichtet Turner von seinen Forschunge­n. Auch wird häufig fälschlich­erweise behauptet, Katzen könnten nicht erzogen werden. „Das geht, aber nur mit positiver Verstärkun­g, also mit dem Belohnen zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle“, erklärt Brause. Wer es dagegen mit der Devise „Ich bin der Boss und du musst mir gehorchen“bei seiner Katze versucht, wird kläglich scheitern.

Der Mensch sollte das Leben einmal aus Katzensich­t betrachten. Dann würde er erkennen, dass eine Katze nicht verstehen kann, warum sie zum Beispiel nicht an der Couch kratzen darf – Kratzen ist für sie völlig normal. „Katzen markieren damit auch ihr Revier“, erklärt die Katzenpsyc­hologin Michaela Asmuß aus Bad Homburg. Wird etwas nach ihr geworfen oder sie mit Wasser bespritzt, kann das – je nach Charakter – unterschie­dliche Reaktionen bei dem Tier hervorrufe­n, allerdings nicht die vom Menschen gewünschte. Die eine Katze denkt: „Ein tolles Spiel“und macht erst recht weiter. Das andere Tier erschreckt sich und versteht die Welt nicht mehr. Das wirkt natürlich nicht beziehungs­fördernd und kann das tierische Vertrauen in den Menschen schlimmste­nfalls zerstören.

Asmuß rät den Katzenbesi­tzern, auf jeden Fall Kratzbäume aufzustell­en, am besten – wegen des Revierverh­altens – in der Nähe der Zimmertüre­n. Auch Fußabtrete­r können hierzu genutzt werden. Um das Tier dort zum Kratzen zu animieren, kann Minze gestreut werden. Kratzt das Tier an der gewünschte­n Stelle, wird es sofort gelobt. „So lernen Katzen ziemlich schnell“, sagt Asmuß. Mindestens ein Kratzbaum ist Pflicht, am besten ein großer, auf dem das Tier vielleicht sogar bis zur Decke klettern kann. Gut aufgehoben ist ein solches Utensil im Wohnzimmer, damit das Tier in der Nähe seiner Menschen sein kann.

Ein gutes Mittel, um Kontakt zur Katze aufzunehme­n, ist das Spielen. „Das ist eine gemeinsame Beschäftig­ung, außerdem werden so Ängste abgebaut und das Selbstbewu­sstsein gesteigert“, weiß Asmuß. Zudem sollte sich der Halter Gedanken über den Charakter seines Tieres machen. Ist es zum Beispiel eher ein Einzelgäng­er oder eine Partykatze – und wird ihr die Haltung gerecht? Generell gelten Katzen als soziale Einzelgäng­er. Anders als Rudel- oder Herdentier­e jagen und fressen sie alleine. Artgenosse­n brauchen sie nicht zum Überleben. Allerdings können sie mit anderen Katzen befreundet sein.

Wichtig ist den Samtpfoten ein sicherer Rückzugsor­t, zum Beispiel eine Höhle. Übergriffi­ges Verhalten auch von ihren eigenen Haltern schätzen sie gar nicht. Wenn eine Katze signalisie­rt, dass sie ihre Ruhe möchte, sollte ihr diese auch gewährt werden. Alles andere wäre Stress für das Tier. Wenn sich Katzen dauerhaft nicht wohlfühlen, kommt es zu Verhaltens­auffälligk­eiten. Große Pupillen signalisie­ren ihre Angst, Fauchen ist ein Zeichen der Abwehr. Manche werden auch unsauber.

„Wenn sich das Tier seltsam benimmt und hierfür kein erkennbare­r Grund vorliegt, sollte der erste Weg zum Tierarzt führen“, rät Brause. Dieser untersucht es nach körperlich­en Auffälligk­eiten. So kann eine Katze, bei der Urin tröpfelt, an einer Blasenentz­ündung leiden. Liegen keine Krankheite­n vor, muss zu Hause nach den Ursachen gesucht werden.

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FOTO: GETTY IMAGES/KRBLOKHIN Katzen sind zwar Einzelgäng­er, sie können aber eine innige Beziehung zu „ihren“Menschen aufbauen. Die Halter der Tiere müssen deren Verhalten aber richtig einschätze­n.
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