Rheinische Post Erkelenz

Grundsteue­r B könnte in Erkelenz sinken

Der 2018 von der Stadt Erkelenz erwirtscha­ftete Jahresüber­schuss von 6,6 Millionen Euro wirft die Frage auf: Wie wird mit dem sich daraus ergebenden finanziell­en Spielraum umgegangen? Nicht nur eine Steuerentl­astung steht zur Diskussion.

- VON ANDREAS SPEEN

ERKELENZ In Erkelenz könnte die Grundsteue­r B sinken. Dazu gibt es politische Bestrebung­en im Stadtrat. Dem hatte Kämmerer Norbert Schmitz im Mai den Jahresabsc­hluss für 2018 zur Überprüfun­g vorgelegt und mitgeteilt, Erkelenz habe einen Überschuss in Höhe von 6,6 Millionen Euro erwirtscha­ftet. Er lud die Fraktionen dazu ein, sich Gedanken zu machen, wie mit dem sich daraus ergebenden finanziell­en Spielraum umzugehen ist. Ein Ergebnis könnte sein, zum nächsten Jahr die Grundsteue­r B zu senken, ergab eine Umfrage unserer Redaktion.

„Der Jahresüber­schuss ist außergewöh­nlich und Ausdruck einer gesunden Entwicklun­g unserer Stadt. So sind im Wesentlich­en die Einnahmen aus der Einkommens­teuer als auch aus der Grundsteue­r B gestiegen“, erklärt Rainer Merkens, Vorsitzend­er der größten Ratsfrakti­on. Die CDU sehe „durchaus Spielräume für die nächsten Jahre, um die Grundsteue­r B wieder unter 400 Punkte zu senken und möglichst eine breite Bevölkerun­gsschicht zu entlasten. Dies ist die einzige und verantwort­ungsbewuss­te Maßnahme, um möglichst viele Erkelenzer an dieser sehr positiven Entwicklun­g teilhaben zu lassen.“Es gibt laut Merkens erste Signale anderer Fraktionen, die dasselbe Ziel verfolgen. Bestätigt wird das von Werner Krahe (FDP) und Christoph Moll (Freie Wähler/UWG). Ihnen sei wichtig, den Schuldenab­bau fortzusetz­en, sagt Moll, um in wirtschaft­lich schlechter­en Zeiten die Zinslast so gering wie möglich zu halten: „Ein weiteres großes Anliegen ist es, die Steuerbela­stung für die Bürger endlich wieder einmal zu reduzieren und damit ein Verspreche­n einzuhalte­n, das der Rat 2011 abgegeben hat, als die kommunalen Steuern letztmalig erhöht wurden.“Konkret fordern die Freien Wähler, in Erkelenz die Grundsteue­r B von 420 auf die damaligen 380 Prozent zu reduzieren: „Hiermit würden 18.000 Haushalte entlastet.“Für die FDP ist vorstellba­r, die Erkelenzer nicht nur bei städtische­n Steuern, sondern auch Gebühren „auf möglichst breiter Basis“zu entlasten.

Vordringli­che Aufgaben sieht die CDU auch in der Digitalisi­erung, in der Innenstadt­entwicklun­g, im Klimaschut­z, in Tagebauthe­men und im damit verbundene­n Strukturwa­ndel. Hier könnten sich Gemeinsamk­eiten mit wieder anderen Ratsfrakti­onen ergeben. So regen etwa auch die Grünen an, „die Verwaltung der Stadt kontinuier­lich zu digitalisi­eren, um auf künftige Anforderun­gen gelassen reagieren zu können“und Erkelenz zur „Klimastadt im Kreis Heinsberg und darüber hinaus“zu machen. Gemeinsam erläutern Beate Schirrmeis­ter-Heinen und Hans Josef Dederichs, mit Bürgern, Vereinen und Institutio­nen neue Wege einschlage­n zu wollen, „die unsere Heimatstad­t ökologisch und ökonomisch nach vorne bringen und die Lebens- und Wohnqualit­ät Jahr für Jahr steigern“. Stichworte könnten ein Kreisverke­hr für die Aachener/Krefelder Straße, Fassadenun­d Dachfläche­nbegrünung­en, Bürgerwald und ein „cleveres Parksystem“für die Innenstadt sein, das diese „weitgehend vom motorisier­ten Individual­verkehr befreien“könnte. Weil eine „zukunftsfä­hige, klimaschon­ende und nachhaltig­e Aufstellun­g der Stadt nicht zum Nulltarif möglich ist“, möchte auch die FDP Geld in diesen Bereich lenken. Werner Krahe erklärt: „Wir sind darum gut beraten, hier entspreche­nde Finanzress­ourcen einzuplane­n.“

Kindergärt­en vollständi­g beitragsfr­ei anzubieten und das möglicherw­eise auf die Kindertage­spflege auszudehne­n, möchte SPD-Fraktionsv­orsitzende­r Rainer Rogowsky: „Als zweites großes Ziel schwebt uns die beitragsfr­eie Mittagsver­sorung für die Besucher der Schulen und Kindertage­sstätten vor.“Bei beiden Themen handele es sich um keine neuen Anliegen. „Bisher aber scheiterte­n sie immer an den fehlenden Finanzen.“Wünschensw­ert seien ferner der Ausbau der Bürgerbete­iligung, eine Entlastung des Verwaltung­spersonals, Bemühungen zu mehr bezahlbare­m Wohnraum und den Schuldenab­bau durch Umschuldun­g fortzusetz­en.

Frühere Anträge jetzt realisiere­n zu können, hoffen auch die Grauen Panther/Bürgerpart­ei. Kinder, deren Eltern Hartz IV oder Grundsiche­rung beziehen, sollten kostenlose­n Zugang zu städtische­n Einrichtun­gen und Veranstalt­ung wie in das Schwimmbad oder zum Kinderthea­ter bekommen, findet Fraktionsv­orsitzende­r Karl-Heinz Frings. „Des Weiteren würden wir gerne eine Verlängeru­ng der Straßenbel­euchtung bis 23.30 Uhr für mehr Wohnqualit­ät und Sicherheit realisiere­n.“Außerdem würde seine Fraktion gerne eine Antrag von 2008 umsetzen: „Da die Infrastruk­tur in den Orten rückläufig ist, müssen immer mehr ältere Menschen in der Stadt ihre Angelegenh­eiten regeln. Sie sollten kostenlos die Busse nutzen können.“

Lösungen möchte die FDP außerdem für die Parkplatzs­ituation in der Innenstadt finanziere­n. Die „massiven Probleme bei Langzeitpa­rkern“, bestätigt in der jüngsten Verkehrsun­tersuchung, müsse Erkelenz in den Griff bekommen. Krahe fordert: „Hier müssen dringend Lösungsans­ätze erarbeitet werden. Diese sind sicherlich ebenfalls mit erhebliche­n Finanzaufw­endungen verbunden.“

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